Bislang haben sich in Belgien über hundert Betroffene bei der Forscherin gemeldet. Jetzt will sie auch ostbelgische Kriegskinder dazu aufrufen, anonym oder auch nicht über ihr Leben zu berichten.
Kriegskinder sind das Ergebnis menschlicher Liebesbeziehungen, die unter absurden und komplexen Umständen entstehen. Kinder, die es ohne den Krieg nicht gegeben hätte.
So bezeichnet sie Gerlinda Swillen. Auch sie ist ein Kriegskind. Als Tochter einer belgischen Kindergärtnerin und eines deutschen Besatzungssoldaten widmet sie sich seit mehreren Jahren der Kriegskinder-Forschung in Belgien.
Jetzt hat Gerlinda Swillen das Kapitel der ostbelgischen Geschichte aufgeschlagen und im Staatsarchiv in Eupen erste Schicksale entdeckt.
Ihre Forschungen haben ihr die Möglichkeit gegeben, Kriegskinder kennenzulernen und ihre Lebensgeschichten zu teilen. Das Tabuthema soll gebrochen werden, sagt sie und wünscht sich, dass auch Ostbelgier sich bei ihr melden und den Mut haben, über ihr Schicksal auszusagen. Irene Clasen-Friso fand den Mut dazu.
Adelheid Penndorf wurde 1946 in Thüringen geboren und wuchs dort als Halbwaise auf. Jahrelang hat sie versucht, die Spur ihres Vaters zu finden, der belgischer Zwangsarbeiter war. Die Initiative von Gerlinda Swillens hat sie ermutigt, ihre Biographie zu schreiben.
Auch Paul Schmitz hat das Kriegskinder-Schicksal erlebt. Seine Mutter hat ihm niemals Angaben über seinen amerikanischen Vater gegeben.
Die drei Kriegskinder sind sich einig: der Aufruf, Zeugnis abzulegen, hat sie dazu ermutigt, das Verborgene ans Tageslicht zu bringen. Es sei nämlich nie zu spät, nach seinen Wurzeln zu suchen.
Die hiesigen Kriegskinder können sich melden entweder:
beim Staatsarchiv Eupen
Kaperberg 2-4
4700 Eupen
Tel: 087/554377
els.herrebout@arch.be
oder
beim Centre d'Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés contemporaines
Square de l'Aviation, 29
1070 Bruxelles
Tel: 02 / 556 92 11
Fax: 02 / 556 92 00
marieke.speller@cegesoma.be
Ich finde die Initiative die hier ergriffen wird sehr unterstützenswert. Dabei sollte man aber auch an die Kinder denken, die belgische Besatzungssoldaten in Deutschland hinterlassen haben und die nie, wie ich, die Chance hatten, ihren belgischen Vater zu finden. Ich habe hierüber in einem kleinen Büchlein 2010 berichtet. Natürlich war Deutschland Kriegsanstifter und Kriegsverlierer,aber die Besatzungskinder und Kinder von Fremdarbeitern hatten teilweise keine Chance, dieses Thema in Ihrem Leben aufzuarbeiten. 3 Tage nach meiner Geburt war ich im Kinderheim. Die leibliche Mutter habe ich vor einigen Jahren kennengelernt, den belgischen Armeeangehörigen nie.
Meine Forschung beschäftigt sich mit allen Kriegskindern. In Deutschland hat man am Augenblick mehr Interesse für die Bezatzungskinder der amerikanischen, britischen und französischen Soldaten. Eine Tochter eines niederländischen Besatzungssoldaten hat mich schon angerufen. Ich möchte sehr gern mit dem Kriegskind Kurt Heinen Kontakt bekommen. Wenn er mir seine Telefonnummer mitteilt, rufe ich gerne an. Ist es möglich sein Büchlein zu kaufen? Ich grüße ihn sehr herzlich.