Karl-Heinz Lambertz sprach von einem historischen Tag für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Die Grundsatzerklärung sei mit den Forderungen nach mehr Mitspracherecht für die Deutschsprachigen in den 70er Jahren zu vergleichen. In der Erklärung fordert das Parlament, dass die DG zum gleichberechtigten und auch autonomen Gliedstaat wird. In dem Vorschlag steht, dass die DG "bereit, gewillt und in der Lage ist", alle Zuständigkeiten zu übernehmen.
Die Parteien nutzen die Debatte im Parlament, um nochmals ihre Position in Sachen vierte Region zu verdeutlichen. Charles Servaty von der SP argumentierte, dass eine einheitliche Positionierung unabdingbar sei. Die Forderung nach einer vierten Region sei vollkommen legitim, denn schon heute bestünde ein "Belgien zu viert". Genau wie die Ostbelgier würden auch die Brüsseler ihre Identität an der Region festmachen. Außerdem sei die Akzeptanz eines Belgien zu viert in den vergangenen Monaten gestiegen. Die DG müsse nun Verantwortung übernehmen.
Das würde auch dazu führen, die Kompetenzen zu vereinfachen, erklärte Emil Dannemark für die PFF-Fraktion. Die DG finanziere schon jetzt ihre Schulbauten, nur könne sie noch nicht bestimmen wie und wo man sie baue. Die Staatsreform biete die Möglichkeit, den Verwaltungsapparat zu vereinfachen. Wenn man jetzt nicht handle, drohe die DG als ostbelgisches Anhängsel der Wallonie zu enden.
Dem schloss sich ProDG an. Alfons Velz betonte, die DG dürfe einfach nicht zum kommunalen Zweckverband der Wallonie werden. Die Staatsreform würde dazu führen, dass die Trennung zwischen Region und Gemeinschaft verschwinden würde. Für ProDG gebe es keine Alternative zu der Grundsatzerklärung.
Das dementierte Luc Frank von der CSP: Die DG würde sicherlich nicht als kommunaler Zweckverband enden. ProDG solle in diesem Punkt nicht die Ängste der Bürger instrumentalisieren. Die Mehrheitsparteien seien mit ihrer Erklärung zur vierten Region vorgepirscht. Die Opposition sei übergangen worden. Erst müsse festgestellt werden, ob die DG alle Kompetenzen überhaupt tragen kann. Doch sollten kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen und die Bürger nicht tiefer in den Geldbeutel greifen müssen, dann sei die CSP grundsätzlich für die Grundsatzerklärung.
Ecolo-Sprecherin Claudia Niessen betonte, erst müssten Experten zu Rate gezogen werden. Sie habe bislang noch kein "Hurra" von den Gemeinden vernommen, wenn es darum geht, Kompetenzen zu übernehmen. Doch sei auch Ecolo nicht gegen eine Grundsatzerklärung.
Wie man nicht dagegen sein kann, das könne Vivant nicht verstehen. Die Grundsatzerklärung sei nicht mit logischem Menschenverstand zu erklären, argumentierte Michael Balter. Es werde gefordert, bevor die Experten angehört würden. Man könne nicht von der Übertragung von Kompetenzen sprechen, denn wer wisse, ob die DG kompetent sei? Das korrekte Wort sei "Zuständigkeiten". Und die würden zu einem großen Verwaltungsaufwand führen, den keiner bezahlen könne. Die DG solle besser "am Rande die kleine Flöte spielen".
Vivant konnte sich bei der Abstimmung jedoch nicht durchsetzen. Mit 21 Ja und zwei Nein-Stimmen wurde die Grundsatzerklärung verabschiedet. Sie wird der DG nun als Grundlage für weitere Verhandlungen in der Staatsreform dienen.
Zweisprachige Kindergärten in der DG
Außerdem verabschiedete das Parlament der DG einen Dekretentwurf über 24 Maßnahmen im Unterrichtswesen und in der Ausbildung. So schafft es unter anderem einen gesetzlichen Rahmen für zweisprachige Kindergärten in der DG. Andere Kindergärten dürfen nun ihre Fremdsprachenaktivitäten auf bis zu ein Viertel der Stunden ausweiten. Das Dekret sieht auch vor, dass Gesellen nach ihrer Lehre Zugang zu einem Hochschulstudium erhalten.