Samstag, der 17. Oktober 2009. Auf der Landstraße zwischen Holler und Binsfeld sind zwei Jungen mit einem kleinen Einkaufswagen unterwegs, sechs und zehn Jahre alt. Mit dem "Caddy" waren sie Kastanien sammeln, jetzt, so gegen halb drei, sind sie auf dem Nachhauseweg.
In die gleiche Richtung fährt an diesem Nachmittag ein 17-jähriger junger Mann auf einem Teleskop-Lader. Sein Vater hat ihn angewiesen, eine alte Getreidemühle über die paar hundert Meter von Holler nach Binsfeld zu bringen. In einer langgezogenen Rechtskurve bemerkt der Fahrer ein eigenartiges Geräusch und hält an. Dann stellt er fest, dass die beiden Kinder angefahren hat. Die beiden Jungen waren auf der Stelle tot.
Dieser Transport hätte niemals stattfinden dürfen, so die Gutachter am Montag vor dem Bezirksgericht Diekirch. Auf der Anklagebank sitzt neben dem Unfallfahrer auch dessen Vater. Er habe seinem Sohn diese Fahrt zu arglos anvertraut, wohl in der Meinung, dass der Traktorführerschein ausreiche.
Letztlich führte eine ganze Verkettung von Umständen zu dem Unfall: Die Ladung war nur notdürftig gesichert - der Telekoskop-Lader, eigentlich für Rangierarbeiten, nicht aber für Transportfahrten gedacht, auch wenn eine Straßenzulassung vorlag. Durch den Ladearm und das Transportgut, so die Gerichtsexperten, sei die Sicht auf der rechten Seite aber so entscheidend eingeschränkt gewesen, dass der Fahrer die beiden Kinder nicht gesehen hat und überfuhr.
Ein Unfall, der vermeidbar war, so die Anwälte der Zivilpartei, die anführten, dass bei den Sicherheitsvorkehrungen "schwer gesündigt" worden sei. Sie forderten im Namen der Angehörigen Schmerzensgelder in Höhe von rund 400 000 Euro. Die Verteidigung sprach von einer "Verkettung fataler Umstände". Der Unfall sei sowohl für die Angehörigen der Opfer als auch für den angeklagten Fahrer und seinen Vater ein schwer belastendes Trauma. Sie warf auch die Frage auf, wieso die beiden Kinder unbeaufsichtigt auf der Landstraße unterwegs sein durften.
Die Kinder seien nunmal da gewesen, entgegnete der Staatsanwalt, und der Fahrer habe sie nicht gesehen, weil er "eine ungesicherte Ladung mit einer ungeeigneten Arbeitsmaschine bei eingeschränkter Sicht transportiert" habe. Er wisse auch, dass auf dem Land oft Jugendliche, aus durchaus verständlichen Gründen, Landmaschinen fahren. Doch auch wenn es Gang und Gäbe sei, müsse es dafür, wie im vorliegenden Fall, nicht erlaubt sein.
Für den beschuldigten Vater fordert der Staatsanwalt sechs Monate Haft auf Bewährung, ein Fahrverbot teils auf Bewährung und eine Geldbuße. Für den jungen Unfallfahrer lautete das geforderte Strafmaß ein Fahrverbot mit Teilbewährung und eine Geldstrafe. Das Urteil wird am 7. Juli verkündet.
brf/luxwort/sp