Am Vorabend von Heiligabend hat der St. Vither Stadtrat den neuen Haushalt verabschiedet. Er schließt mit einem voraussichtlichen Bonus von 46.000 Euro ab.
Im ordentlichen Dienst belaufen sich die Einnahmen auf 18.871.058 Euro, die Ausgaben auf 18.824.949 Euro.
Die Investitionen liegen bei rund 5,8 Millionen Euro. Größere Ausgaben betreffen einen Schulanbau in Recht (für 2,5 Millionen Euro), während das Projekt Schule Neidingen (knapp eine halbe Million) "wieder auftaucht", wie Finanzschöffe Alexander Wansart es formulierte, aber ohne Hintergedanken, wie er auf Nachfrage von Steffi Pauels erklärte: "Es war drin und es ist drin im Haushalt."
Finanzschöffe sieht Reihe von Unwägbarkeiten
Für das Dorflokal Wallerode sind 330.000 Euro vorgesehen, für die neue Turnhalle in St. Vith, die auch als Musiklokal genutzt werden kann, 400.000 Euro. Die Tennishalle wird für fast 150.000 Euro renoviert.
Der Finanzschöffe nannte eine Reihe von Unwägbarkeiten. Das fange schon an bei der Gemeindedotation der DG. Die Stadt habe bislang keine formelle Zusage von der übergeordneten Behörde erhalten.
In der Fragestunde hakte Steffi Pauels angesichts dieser Unsicherheiten nach, da in der Plenarsitzung des PDG (dort sitzt sie für die CSP) am Vorabend der Gemeinderatssitzung darauf verwiesen worden sei, dass die Rückkehr zum Verteilerschlüssel 90:10 von den Gemeinden gefordert worden sei. "Nun höre ich hier von Unklarheiten. Das sorgt doch für große Verwirrung."
Alexander Wansart verwies auf das Einverständnis der Gemeinden zum Verteilerschlüssel. Der Beschluss im PDG sei aber erst am Vortag erfolgt. Deswegen habe sich die Gemeinde auf mündliche Zusagen des Ministerpräsidenten verlassen müssen, ohne eine förmliche Bestätigung schon bei der Erstellung des Haushalts.
Wegen der finanziellen Situation der DG sei auch nicht sicher, wie sie künftig Projekte bezuschusse.
Hinzu kämen die Mehrkosten beim ÖSHZ durch die Beschlüsse der Föderalregierung und die Entwicklung der Kosten bei Feuerwehr und Polizei.
Wansart bemerkte auch, dass die Höhe der Wegebaudotation der DG bei weitem nicht die Kosten für den Wegeunterhalt in einer Gemeinde mit großem Straßennetz decke.
Scharmützel über Fahrtkostenabrechnung
Neben einigen positiven Aspekten kritisierte Marcel Goffinet unter anderem, dass die Fahrtkosten der Mitglieder des (neuen) Gemeindekollegiums deutlich gestiegen seien. Bürgermeister Werner Henkes erklärte das damit, dass er und die Schöffen nun mal viel unterwegs seien. Es stecke aber ganz sicher "kein Mutwille" dahinter.
Leo Kreins sagte, er habe "nicht gedacht, dass sich die Minderheit auf diese Niederungen herablassen würde". Er hielt im Gegenzug den Amtsvorgängern vor, dass sie gerade nur sehr wenig dienstliche Fahrtkosten angemeldet hätten, was wohl bedeute, dass sie etwa nur selten (bei der Regierung) in Eupen gewesen seien: "Ich denke, es wäre besser gewesen, Sie wären öfter da gewesen, dann hätten wir mehr erreicht", so Kreins.
Roland Gilson wollte das so nicht stehen lassen, er und seine Kollegen hätten das Schöffenamt als Ehrenamt gesehen und darum viele Unkosten erst gar nicht eingereicht. Außerdem habe es während und nach der Corona-Zeit viele Videokonferenzen gegeben.
Im Anschluss an dieses Scharmützel ging er grundsätzlich mit der neuen Mehrheit ins Gericht: "Sie haben sich zwar eine gewisse Einarbeitungszeit erbeten, aber nach einem Jahr erwarten wir als Minderheitsfraktion und sicher auch die Bürger mehr Tempo. Wo sind die politischen Akzente?" fragte Gilson rhetorisch.
Vorschlag für Mehrwegbecherbudget abgelehnt
Beispielhaft forderte Gilson 3.000 Euro für das von der Vorgängermehrheit eingeführte Projekt zur Unterstützung des Gebrauchs von Mehrwegbechern bei Veranstaltungen, für das nun Mittel im Haushalt fehlten. Werner Henkes erklärte, dass bereits viele Veranstalter über solche Mehrwegbecher verfügten, während andere Veranstalter wieder stärker auf Gläser zurückgreifen würden, "was ohnehin das Vernünftigste ist". Über eine Abstimmung, auf der die Opposition bestand, wurde dieser Vorschlag abgelehnt.
Als Opposition, so fuhr Gilson fort, habe die neue Mehrheit mehr Gestaltungswillen gefordert, nun verwalte sie nur. "Die Einarbeitungszeit dürfte langsam vorbei sein. Denn eine Legislaturperiode ist schneller vorbei, als man denkt."
Viele Pisten seien "nur Status quo" oder die Fortführung früherer Vorhaben. So habe schon seine NBA-Fraktion das Projekt zum Schulanbau in Recht seinerzeit mit den Eltern besprochen. Das, so reagierte Alexander Wansart, entspreche aber nicht seinem Kenntnisstand. Die alte Mehrheit habe vielmehr erst wenige Tage vor den Gemeinderatswahlen dieses Thema auf Drängen der Eltern aufgegriffen, "das habe ich mit eigenen Augen gesehen, ich war nämlich dort", so der Rechter.
Die neue Mehrheit, so Wansart, müsse aber auch Anregungen aufgreifen, die vorher nicht berücksichtigt worden seien.
Werner Henkes ergänzte, dass ein Mehrheitswechsel "ein gewisses Umdenken" mit sich bringe. Es gebe noch viele Dringlichkeiten wie etwa die Wasserproblematik oder die Zukunft des Krankenhausstandortes und des Wohn- und Pflegeheims. Er nannte auch die künftigen Herausforderungen bei den Pensionen (Verantwortlichkeitsbeitrag), bei den Kosten von Polizei und Feuerwehr oder bei der Arbeit der ÖSHZ.
Der Haushalt wurde schließlich mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet. Die sechs anwesenden Mitglieder der Opposition stimmten gegen den ordentlichen Haushalt, beim Investitionshaushalt enthielten sie sich.
ÖSHZ-Haushalt "mit heißer Nadel gestrickt"
Der Haushalt des Öffentlichen Sozialhilfezentrums beläuft sich auf gut fünf Millionen Euro. Der Gemeindezuschuss beträgt 978.433 Euro (im laufenden Jahr waren es rund 700.000 Euro). Im außergewöhnlichen Dienst des ÖSHZ sind Mittel von 120.000 Euro eingetragen.
ÖSHZ-Präsidentin Caroline Hagelstein erklärte, dass dieser Haushalt im sprichwörtlichen Sinne "mit heißer Nadel gestrickt" worden sei.
Abgesehen davon, dass sich der deutlich verminderte Sonderzuschuss der DG zur Sozialhilfe bemerkbar mache, wirke sich logischerweise auch die am Montag im PDG verabschiedete erneute Änderung des Verteilerschlüssels zwischen Gemeinden und ÖSHZ auf 90:10 (gegenüber im laufenden Jahr 85:15) aus - "leider nicht zugunsten des ÖSHZ", so Hagelstein. Ihre Einrichtung sei darum zunächst von einem Fehlbetrag von 170.00 Euro ausgegangen, eine neue Simulation des DG-Ministeriums habe dann kurzfristig ergeben, dass es wohl 175.000 Euro weniger sein werden.
Arbeitslosengeldrefrom und Vermittlungsdekret
Auf der anderen Seite ergebe sich ein hoher Mehraufwand dadurch, dass die föderale Arbeitslosengeldreform und das Vermittlungsdekret der DG praktisch gleichzeitig in Kraft treten. Caroline Hagelstein begrüßte ausdrücklich die engere, strukturierte und kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt der DG als "fachlich sinnvoll und wichtig". In der praktischen Umsetzung führe dieser Ansatz jedoch zu einer deutlichen Ausweitung der Aufgaben des ÖSHZ.
Auf Rückfrage von Bürgermeister Werner Henkes erklärte Caroline Hagelstein, das ÖSHZ St. Vith denke noch nicht daran, weiteres Personal einzustellen. Es gebe allerdings Überlegungen, zusätzliche Ressourcen anzufragen.
Roland Gilson erkannte zwar an, dass es nun eine föderale Reform brauche, weil andere politisch Verantwortliche vorher nicht die nötigen Entscheidungen getroffen hätten. Es dürfe aber nicht sein, dass die Gemeinden zum "Lastenesel" der föderalen Ebene werden.
Steffi Pauels unterstrich ihrerseits die zu erwartenden Vorteile durch das neue Vermittlungsdekret. "Da sind große Anstrengungen von ÖSHZ und Arbeitsamt gefordert."
AGR vergibt Konzession für Café Trottinette
Der Stadtrat nahm auch den Haushaltsplan der autonomen Gemeinderegie Triangel zur Kenntnis. Der AGR-Vorsitzende André Frauenkron erläuterte einige Punkte: So soll das Café Trottinette in Konzession gegeben werden. So spare die AGR Ausgaben für Personal und Einkäufe, müsse aber auch auf Einnahmen aus dem Getränkeverkauf verzichten.
Frauenkron stellte auch fest, dass immer mehr Geld in den Unterhalt der Ausstattung und Infrastruktur gesteckt werden müsse. Vor diesem Hintergrund genehmigte der Stadtrat auch die Mehrkosten bei der Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen im Triangel.
Der Bau des Blausteinmuseums in Recht schreite gut voran, so dass dort einerseits mehr Ausgaben vorgesehen werden müssten. Andererseits hoffe die AGR natürlich auf steigende Einnahmen, wenn das Museum eröffnet ist.
St. Vith sucht Gasverteilernetzbetreiber
"Das Gas kommt nach St. Vith", führte Gaby Schröder in den folgenden Punkt ein. Es soll per Pipeline von Stavelot aus nach St. Vith und auf Höhe des Betriebes Puratos in ein örtliches Verteilernetz geleitet werden.
Für dieses Verteilernetz sucht die Stadt St. Vith nun einen Betreiber. In Frage kommen etwa die Netzbetreiber RESA oder ORES Assets.
Jürgen Schlabertz wollte von der Stadtratsmehrheit wissen, ob sie garantieren könne, dass kein russisches Gas eingekauft werde, wodurch der Krieg in der Ukraine unterstützt werde. Gaby Schröder räumte ein, dass die Stadt darauf keinen Einfluss habe. Sie selbst habe kein Problem damit, eine solche Ausschlussklausel vorzusehen, wisse aber nicht, ob das möglich sei.
Werner Henkes ergänzte, dass seines Wissens das Gas von Fluxys größtenteils aus Nordafrika komme (über den Hafen von Antwerpen). Damit gab sich Jürgen Schlabertz nicht zufrieden. Er stimmte gegen den Bewerbungsaufruf, die anderen Stadtratsmitglieder stimmten dafür.
Insgesamt 700.000 Euro für Unterhalt der Wege
Für den Wegeunterhalt sieht die Stadt St. Vith im kommenden Jahr 600.000 Euro vor. Zusätzlich plant sie 100.000 Euro ein, um landwirtschaftliche Wege zu unterhalten, wo ein Turnus eingeführt wird, was Marcel Goffin ausdrücklich begrüßte.
Zuletzt waren für den Wegeunterhalt 375.000 Euro vorgesehen.
Dorothea Schwall-Peters brach im Sinne der Naturpflege und der Artenvielfalt eine Lanze für die Wegesränder. Sie stimmte zwar für das Budget für den Wegeunterhalt, mahnte aber an, dass die Gemeinde an Kompensationsmaßnahmen denken müsse.
In die Gemeindewaldungen investiert St. Vith im kommenden Jahr 158.000 Euro an Forstarbeiten. Unter anderem sollen 28.000 Bäume von 13 verschiedenen Sorten gepflanzt werden, darunter nur noch 1.000 Fichten. Als Förster wies Jürgen Schlabertz darauf hin, dass wegen der Naturverjüngung natürlich weit mehr Fichten nachwüchsen.
Leo Kreins nutzte die Gelegenheit für einen ausführlichen Exkurs über die Forstwirtschaft und die Entwicklung des Waldbaus in der Gemeinde St. Vith.
Auch St. Vith will den Wald widerstandsfähig machen
So habe vor etwa 20 Jahren ein Umdenken eingesetzt, nicht mehr alleine auf Fichten zu setzen. Heute werde gezielter auf die Bodenbeschaffenheit und andere Faktoren wie den Klimawandel geachtet. Der Wald solle widerstandsfähiger werden, gerade damit er auch wirtschaftlich genutzt werden kann.
Im Vordergrund des Forsteinrichtungsplans steht die Idee eines multifunktionalen Waldes. Berücksichtigt werden Aspekte der Wirtschaftlichkeit (Holzproduktion und Jagd), der Ökologie (Boden- und Wasserschutz, Naturschutz) und der sozialen Funktion (Tourismus und Jagd).
Roland Gilson sprach bei der Fichte von einer Trumpfkarte, gestand aber ein, dass nach neuen Trümpfen gesucht werden müsse. "Dabei soll nicht nur die Ökologie berücksichtigt werden, sondern auch die Ökonomie", so Gilson, "weil davon einiges abhängt in der Gemeinde. Ob wir uns für die richtigen Trümpfe entschieden haben werden, dürften die meisten von uns hier nicht erleben", meinte er mit Blick auf den weit in der Zukunft liegenden Ertrag.
Dorothea Schwall-Peters brachte noch die "geldwerten" Regulierungsleistungen in die Diskussion ein, die ein Wald leiste: er reinige die Luft und das Wasser, was auch zu den ökonomischen Aspekten gerechnet werden müsse.
Anderes Urlaubssystem für Vertragspersonal
Das Vertragspersonal der Stadt, der Stadtwerke und des ÖSHZ wechselt zum neuen Jahr in das Urlaubssystem des öffentlichen Sektors. Finanzschöffe Alexander Wansart erklärte, dass das für das Vertragspersonal keine Nachteile mit sich bringe.
Die Stadtkasse könne dadurch aber um 40.000 bis 45.000 Euro pro Jahr entlastet werden. Dazu muss die Stadt aber noch in diesem Jahr alle erworbenen Rechte auszahlen, was rund 300.000 Euro ausmacht.
"Wir gehen also quasi in Vorkasse", ergänzte Werner Henkes, "um später eine Entlastung zu haben." Diese beläuft sich neben der genannten jährlich einzusparenden Summe von bis zu 45.000 Euro für das kommende Jahr auf etwa 150.000 Euro.
Die Maßnahme sei mit den betroffenen Mitarbeitern und den Gewerkschaften abgestimmt worden.
Weitere Nutznießer beim Bürgerbeteiligungsfonds
Über den Bürgerbeteiligungsfonds stimmte der Stadtrat den Projekten von zwei Antragstellern zu: zum einen der VoG Dorfgemeinschaft Neidingen für ihre Dorfzeitung (knapp 900 Euro), zum anderen dem Verkehrsverein Schönberg für eine Wanderbroschüre und einen Baumlehrpfad (zusammen 6.000 Euro). Seitens der Opposition sah auch Roland Gilson in diesen Projekten einen Mehrwert.
Für künftige Anträge beim Bürgerbeteiligungsfonds sollen die Kriterien nach den Worten von Leo Kreins in einer Kommission überarbeitet werden, zumal die Finanzierung seitens der Deutschsprachigen Gemeinschaft, anders als erwartet, um ein Jahr verlängert wurde.
Ehrentitel für René Hoffmann und Herbert Hannen
Zu Beginn der Sitzung verlieh der Stadtrat zwei Ehrentitel: René Hoffmann erhielt den Titel eines "Ehrenschöffen der Stadt St. Vith". Er gehörte dem Stadtrat 18 Jahre an, davon 15 Jahre und vier Monate als Schöffe.
Herbert Hannen darf sich künftig "Ehrenstadtratsmitglied" nennen. Er gehörte dem St. Vither Stadtrat 24 Jahre an.
Offiziell verliehen werden die Titel beim Neujahrsempfang am 9. Januar 2026.
Stephan Pesch