Nichts hilft besser gegen Vorurteile, als sich selbst ein Bild zu machen. Das konnten viele Besucher beim Tag der offenen Tür im "Reset" in St. Vith erleben. "Den Neustart bekommt niemand geschenkt", erklärt Koordinatorin Ellen Close den Besuchern. Bewohner müssen aus eigener Motivation ihren Platz beantragen und für die Betreuung bezahlen. "Da sind Anfragen von Menschen, die sich in wirklich komplexen Problemlagen befinden. Darunter versteht man, dass sie in mehreren Bereichen ihres Lebens Probleme haben, die aufeinander treffen und sich gegenseitig verstärken. Da reicht eine wöchentliche Begleitung nicht aus."
Stattdessen werden die Bewohner des Reset eng begleitet. Die Betreuer sind von montags bis freitags vor Ort. "Eins der wichtigsten Dinge ist, den Menschen einen Raum zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen, wo sie sich sicher fühlen, wo sie genug Stabilität erfahren und wo sie auch das Vertrauen ins uns entwickeln, um zu sagen: Wir machen den Weg zusammen".
Dieser Weg besteht vor allem daraus, Struktur in den eigenen Alltag zu bringen. Kochen, Waschen, putzen - was für viele selbstverständlich ist, wird für Menschen in Problemsituationen zur fast unüberwindbaren Hürde. Das weiß auch Raphael Leufgen. Als er Anfang des Jahres nicht mehr konnte, entschied er sich, ins Reset zu ziehen. "Vorher war ich extrem chaotisch. Ich hatte den Faden verloren, mir wurde gekündigt und ich habe viel Mist gebaut. Jetzt hier so eine kleine helfende Hand zu haben und trotzdem quasi alleine zu wohnen, das hilft mir schon sehr".
Insgesamt bietet die WG im Haus fünf Plätze. Außerdem gibt es zwei kleine Studios, in denen die Bewohner den Übergang hin zur eigenen Wohnung üben können. Jeder Bewohner hat einen Betreuer als Bezugsperson, die ihm hilft, Wochenpläne zu erstellen und neue Perspektiven zu finden. "Wir benutzen da einen sogenannten Ressourcenstern mit sechs Pfeilern. Darauf sind Lebensbereiche wie zum Beispiel Alltagsbewältigung, Finanzen, Verwaltung, Beruf oder Schule eingezeichnet. Anhand dessen schauen wir, was die Menschen brauchen, um einen Schritt nach vorne zu machen", erklärt Ellen Close.
Zum Alltag im Reset gehören Hausarbeit und Kochen, aber auch Ateliers und Betreuungsgespräche. Das Konzept wird an die Bedürfnisse der Menschen im Haus angepasst - und scheint aufzugehen. "Ich habe jetzt wieder viel mehr Spaß bei allem, was ich mache. Meine Freunde sehe ich wieder. Ich gehe Dart spielen, habe eine neue Arbeit gefunden und wieder ein gutes Verhältnis zu meiner Familie. Das freut mich sehr", schlussfolgert Raphael Leufgen.
Aktuell sind noch Plätze im Haus frei, aber mehrere Anfragen laufen und auf Dauer wird es wohl eine Warteliste geben, schätzt die Koordinatorin. Das "Reset" ist das einzige Angebot dieser Art im Süden der DG und der Bedarf ist auf jeden Fall da.
Wen jemand von euch so eine Hilfe sucht, kann er sich direkt ans "Reset" wenden. Die Infos dazu gibt es auf der Webseite der Stadt St. Vith. Um einen Platz zu bekommen, muss man nicht beim ÖSHZ eingeschrieben sein.
Anne Kelleter