Laut dem Landesinstitut für Krankheit und Invalidität (LIKIV) waren im vorletzten Jahr 894 Personen wegen psychischer Störungen krankgeschrieben. Das sind fast 250 mehr als noch 2017. Damit machen psychische Erkrankungen 31,6 Prozent der Langzeitkrankmeldungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aus, belgienweit sogar 37,6 Prozent.
"Fehlzeiten steigen, die Produktivität sinkt, und Kollegen müssen zusätzliche Lasten tragen", sagt Cathérine Signon, Fachbereichsleiterin Berufswahl und -bildung im Arbeitsamt der DG. Nicht nur der Fachkräftemangel werde dadurch verstärkt, auch das Gesundheitssystem gerate unter Druck, während Betriebe mit steigenden Kosten durch Vertretungen und Umstrukturierungen kämpfen müssten.
Um von Langzeiterkrankungen betroffenen Menschen zu helfen, bietet das ADG eine spezialisierte psychologische Berufsberatung an. "Die Psychologen sind zudem eng mit anderen Fachdiensten vernetzt und können an weitere Stellen weiterverweisen", so Signon. Ergänzt wird die Unterstützung durch Tests zu Arbeitsmotivation, Persönlichkeitsstruktur, Konzentrationsfähigkeit und beruflichen Kompetenzen.
Ein zentrales Angebot ist das Projekt "Zurück ins Arbeitsleben". Es richtet sich an Menschen, die mindestens ein Jahr arbeitsunfähig waren. In der ersten Phase wird gemeinsam ein individuelles berufliches Projekt entwickelt. "In der zweiten Phase werden dann die fehlenden Kenntnisse oder Qualifizierungen durch konkrete Weiterbildungen erarbeitet. Es geht also darum, die Berufswahl zu erproben. Die dritte Phase betrifft dann die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, wo man dann auch vom Arbeitsamt unterstützt wird, damit die Person - unter Berücksichtigung ihrer Hemmnisse - bestmöglich den Weg in die Beschäftigung zurückfindet", erklärt Signon.
Das Ziel sei, die Betroffenen behutsam und individuell zurück in den Beruf zu führen. "Langzeiterkrankungen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt - und die Rückkehr in den Job wird mit jedem Monat schwieriger", sagt sie. Deshalb setze das ADG auf frühe Begleitung und maßgeschneiderte Angebote statt auf standardisierte Lösungen.

Mit Blick auf die Betriebe betont Signon: "Wir werben, so gut wir können, für 'Zurück ins Arbeitsleben'. Wir möchten den Mehrwert auch an die Betriebe weitergeben: Dass ein Langzeitkranker auch durch eine Umorientierung - wie eine Anpassung des Arbeitsplatzes oder eine neue Weiterbildung - durchaus eine gute Arbeitskraft sein kann. Kleine Hebel können da schon oft viel bewirken."
In Zeiten steigender psychischer Belastungen zeigt sich: Wer frühzeitig und individuell begleitet wird, hat deutlich bessere Chancen, wieder Fuß im Arbeitsleben zu fassen - und stärkt damit nicht nur die eigene Lebenssituation, sondern auch die Wirtschaftskraft in Ostbelgien.
Manuel Zimmermann