Auf einem Auge ist Henri Reul heute vollständig blind, auf dem anderen beträgt die Sehkraft nur noch rund zehn Prozent. "Wenn der Arzt dir mit 30 sagt, dass du blind wirst, fällst du erstmal in ein Loch. Man fühlt sich nutzlos."
Der Wendepunkt kam, als er auf die V.o.G. "Lumière" in Lüttich traf. Dort lernte er, seine Situation anzunehmen, neue Ziele zu setzen und das Leben erneut selbstständig zu gestalten. "Natürlich gibt es Momente, wo das Negative da ist. Das muss man aber überwinden. Man muss wollen. Das ist das Wichtigste überhaupt, und man muss die Krankheit oder Behinderung akzeptieren. Ich bin jetzt 55 und lebe sehr gut damit."
Henri Reul betont, wie bedeutend mentale Stärke und Hilfe von außen sein können, um Krisen zu meistern. "Positiv denken bringt positive Kräfte. Wenn man immer negativ denkt, wird man begraben. Du wirst nicht deine ganzen Probleme auf einmal lösen, aber Schritt für Schritt. Einen Berg besteigt man auch nicht mit einem Schritt."
Durch seine Beharrlichkeit und sein Engagement, Barrieren in Köpfen und im Alltag zu überwinden, ist Reul für viele ein Vorbild – besonders für junge Menschen, die vor großen persönlichen Herausforderungen stehen. "Man kommt aus jeder Situation raus, egal in welcher man sich befindet. Es gibt immer eine Lösung. Aber nehmt auch Hilfe an."
Henri Reul erzählt Donnerstagabend von 19 bis 21 Uhr in der Kelmiser Bibliothek, wie er mit Lebensmut und innerer Stärke selbst größte Hürden überwunden hat. Die "Lebendige Bibliothek" lädt dazu ein, seiner persönlichen Lebensgeschichte zu lauschen und sich inspirieren zu lassen.
Manuel Zimmermann