Seit rund 20 Jahren wird das Einkommen dort versteuert, wo man arbeitet. So will es das geltende Doppelbesteuerungsabkommen. Das heißt: Man kann in Raeren wohnen, in Deutschland arbeiten und dann nach deutschem Recht Steuern zahlen. Diese Steuern kann ein Grenzgänger in seiner belgischen Steuererklärung von seinem Einkommen abziehen. Der Raerener Nachbar, der kein Grenzgänger ist und in Belgien arbeitet, kann das nicht. Das führt dazu, dass Grenzgänger am Ende weniger Steuern an die Gemeinde zahlen als Menschen, die in Belgien arbeiten.
"Für die gleiche Leistung oder den gleichen schönen Wohnraum, sollte jeder mit dem gleichen Anteil beteiligt werden", sagt Raerens Bürgermeister Mario Pitz. "Es mag sein, dass es wehtut, mehr Geld bezahlen zu müssen, aber am Ende schaffen wir so ein gerechteres Steuersystem für alle Anwohner."
Deswegen ziehen Raeren und Kelmis jetzt vor den Kassationshof, um gegen das Doppelbesteuerungsabkommen vorzugehen. In den unteren Instanzen ist das Verfahren bisher gescheitert.
Für die Gemeinden würde eine erfolgreiche Klage nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern auch mehr Geld bedeuten. Laut Zahlen aus dem Jahr 2005 entgehen Raeren durch Grenzgänger rund 400.000 Euro an Steuergeldern. Das dürfte heute, im Jahr 2025, deutlich mehr sein.
Herbert Weynand ist Steuerberater aus Eynatten und sieht die Lage etwas anders. "Die Kläger haben die Tragweite ihrer Forderung unterschätzt, glaube ich. Die Finanzverwaltung sperrt sich meist nicht dagegen, höhere Steuern zu erheben, aber hier hat sie wohl erkannt, dass die Belastung für das gesamte System zu hoch wäre und für mehr Stress sorgen würde. Stellen Sie sich vor, Sie bauen mit Ihrem Kind einen Turm und ziehen unten Bausteine heraus, dann fällt der ganze Turm zusammen."
Bis es ein Ergebnis gibt, könnten laut Bürgermeister Pitz aber noch Jahre vergehen. Ob die Klage der Gemeinden Erfolg haben wird, bleibt also abzuwarten.
Annika Deist
Stets die gleichen Pleitegeier 🦅 auf der Suche nach Geld 💸💸
Ich kenne die Klageschrift nicht, aber nach den Informationen aus diesem Artikel ist das kein Thema des Doppelbesteuerungsabkommens, sondern des geltenden belgischen (innerstaatlichen) Rechts. Wie die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Gemeindesteuer ermittelt wird, kann m.E. nur in Belgien entschieden werden. Und dass das gerecht und gleich für alle sein soll: ja klar. Würde es für Grenzgänger teurer? Im ersten Schritt würde, bei erfolgreicher Klage, die Gemeindesteuer für Grenzgänger teurer. Aber: Deutschland entlastet nach Artikel 2 des Zusatzabkommens vom 05.11.2002 die belgische Gemeindesteuerbelastung bei Grenzgängern durch Reduktion der deutschen Steuer um 8% (pauschal). Das vermeidet eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung. Wenn das nicht mehr ausreichen sollte, muss diese Regelung im Zweifel der Höhe nach angepasst werden. Das könnte/sollte dann in DE korrespondierend zu einer Gesetzesänderung in BE politisch angestrengt werden.
Jeder Grenzgänger zahlt Gemeinde Steuern in der Gemeinde wo er wohnt. Die deutschen Einkünfte müssen in belg Steuererklärung hinzugefügt um die fiktive Steuern zu errechnen und damit die werden dann die Gemeinde Steuern festgestellt. Danach werden die deutschen Einkünfte wieder von belg. Steuererklärung gelöscht. Der Arbeitnehmer erhält im Ausgleich bei der deutschen Steuern.
Wer kann denn bitte mal sagen, wie hoch der Anteil der Gemeindesteuer an dem Betrag ist, den ein in Belgien beschäftigter Arbeitnehmer an Steuern bezahlt?
Bereits vor cc 25 Jahren hatten beide Gemeinden geklagt. In erster Instanz gewonnen und in 2. verloren.Es lohnt sich aber das nochmals aufzugreifen,denn die damaligen Argumente sind heute noch stichhaltig
Endlich bringt jemand diese Ungerechtigkeit zur Sprache, bzw. vors Gericht. Als ehemaliger Finanzamtbeamter in Eupen, habe ich diese Ungerechtigkeit immer schon kritisiert. Bei ausländischen Berufseinkünften wird nur der Nettoverdienst nach Abzug der ausländischen Steuern berücksichtigt, wobei bei belgischen Berufseinkünften der Betrag ohne Berücksichtigung der Steuerlast in Betracht gezogen wird.
Dadurch werden Grenzgänger mit ausländischen Berufseinkünften sowohl bei der Gemeindesteuer, wie auch bei der Festlegung des Steuersatzes auf andere in Belgien steuerbare Einkommen bevorzugt. Hinzu kommt, dass für die Erlangung bestimmter sozialer Vorteile das steuerbare Jahreseinkommen berücksichtigt wird, wobei dann die Personen mit ausländischen Berufseinkünften erneut bevorteilt werden. Diese Ungerechtigkeit gehört längst abgeschafft. Aber es ist in der Tat eher eine unlogische Regelung im belgischen Steuerrecht, welches ausländische Steuern auf Berufseinkünfte als abziehbare Berufskosten ansieht und weniger ein Problem des Doppelbesteuerungsabkommen.
Vielleicht sollte der aktuelle Bürgermeister von Kelmis morgens einfach aus seiner Haustür schauen und staunen, wie viele Autos mit deutschem Kennzeichen vorbeifahren.
Und nicht nur dort: Einfach mal hinter dem Touring rechts und links bis zur Grenze schauen.
Diese Einkünfte lässt man seit Jahren einfach liegen. Man müsste morgens ab 6 Uhr alle Fahrzeuge Richtung Deutschland kontrollieren. Fast alle haben eine Leihbescheinigung im Fahrzeug liegen, die für jeden Monat neu ausgestellt wird.
Nach vier Wochen kann man dann erneut kontrollieren.