Lumi hält stolz ein Glöckchen hoch, trommelt und lacht. Das was nach einfachem Spiel aussieht, ist eigentlich anstrengende Enwicklungsarbeit. Trisomie 21 wurde bei Lumi festgestellt. Einmal die Woche kommt die Zweijährige mit ihrer Mama Jessica Wiesemes nach Bütgenbach zur Frühhilfe: "Ja, das ist schon sehr intensiv. Eine Stunde Spielsitzung ist sehr anstrengend. Manchmal schafft man nicht so eine ganze Stunde. Vor allem, wenn die Kinder kleiner sind. Sie sind schon sehr müde am Ende". Müde sind nach einer Therapiestunde alle. Aber es geht mit der Gewissheit nach Hause, einen guten Moment erlebt zu haben.
Wer die Räumlichkeiten der Frühhilfe in Bütgenbach betritt, spürt vor allem eines: Geborgenheit. Zwischen 120 und 150 Familien werden von dem Team betreut. Alle von ihnen wurden vom Leben auf die eine oder andere Weise durchgeschüttelt. Wieder zur Ruhe kommen und neue Orientierung bekommen, sind Ziele der Frühhilfe.
"Was man bei Lumi jetzt gut gesehen hat: Wir haben eine Interaktion zusammen gemacht. Wir haben uns gegenseitig ergänzt. Mal habe ich was vorgegeben, mal hat sie es gemacht. Dann haben wir gemeinsam gespielt. Und das ist einfach auch Kommunikation", erklärt die Co-Leiterin der Frühhilfe, Françoise Bock. "Man redet zusammen, macht eine Pause. Hört dem anderen zu, dann sagt man etwas, baut ein neues Thema auf. So machen wir das auch mit den Musikinstrumenten. Oder mit ganz vielen anderen Mitteln, die wir haben. Mit Piktogrammen, mit Bildern. Weil es wichtig ist, dass die Interaktion da ist. Dass man Spaß hat miteinander, etwas zu teilen. Damit wir die Kinder besser verstehen, damit sie uns verstehen und auch die Eltern mit ihren Kinder besser zusammen kommunizieren. Und auch Spaß haben. Das ist ganz wichtig".
Der Standort Bütgenbach ist ganz neu: Seit Mai ist die Frühhilfe im Dorfzentrum eingezogen. Auf 130 Quadratmetern sind in wenigen Monaten helle Therapieräume entstanden. Kostenpunkt: 600.000 Euro. Getragen zu 80 Prozent von der DG.
Doch der Platz wurde dringend gebraucht. Rund 30 Kinder stehen aktuell auf der Warteliste. Um einen Platz zu bekommen, dauert es bis zu vier Monate. Françoise Bock: "Wir haben viel mehr Anfragen und die Situationen sind viel komplexer geworden. Wir haben viele Eltern, die sich viele Fragen stellen und aber auch sehr müde geworden sind. Immer wieder auf der Suche nach Hilfe, nach Unterstützung und gehört werden, verstanden werden. Auch für die Kinder ist die Welt komplizierter geworden. Wir haben viele Kinder, die Kommunikationssorgen haben, wir haben viele Kinder, die ganz viele Sprachen sprechen, wo wir schauen müssen, was ist die gemeinsame, emotionale Familiensprache. Wo kann man eine Basis zusammen aufbauen, um in der Gesellschaft mit dabei sein zu können. Wir haben viele Kinder mit vielen komplexen, genetischen Sorgen und auch mehr Frühchen, die jetzt kommen. Wo die Eltern sagen, wir brauchen eine Unterstützung. Das was junge Eltern sich erträumten, ist nicht mehr so. Das sagte eine Mama in einem Gespräch. Fragen gibt es im Heute und die Zukunft können wir uns gar nicht vorstellen. Und da gehen wir mit den Eltern zusammen den Schritt."
Zehn Frauen gehören zum Team der Frühhilfe. Sie pendeln zwischen den Standorten in Eupen und Bütgenbach hin und her. Auch Hausbesuche gehören zum kostenlosen Angebot. Familien sollen als Ganzes Unterstützung bekommen. Familienaufstellungen können dabei helfen.
Barabar Singler ist Heilpädagogin: "Wir nutzen es als Medium, um von außen zu verdeutlichen: Was passiert in der Familie. Oft sind die Familienmitglieder so mit dem Alltag beschäftigt, dass vieles einfach direkt läuft. Aber wenn es eine Schwierigkeit oder eine Sorge gibt, dass man mehr im Mittendrin ist. Optimal wäre aber: Wenn man mal von außen drauf schauen könnte. Einfach mal einen anderen Blickwinkel einnehmen. Und das machen wir mit den Familienaufstellungen. Aber es findet auch im Gespräch statt. Dass wir versuchen, Impulse zu setzen, nochmal einen Blickwinkel auf die Situation zu bekommen. Und die Eltern prüfen dann: Passt es oder passt es nicht."
Gemeinsam wird dann eine passende Therapie entwickelt. Bei Bedarf auch mit Experten und Ärzten in den umliegenden Krankenhäusern. Für die kleine Lumi und ihre Familie ist die Frühhilfe nicht mehr wegzudenken. Jessica Wiesemes: "Es ist eine sehr große Unterstützung. Jede Woche schaut jemand nach ihrer Entwicklung. Wir haben immer jemanden an der Hand, der uns zeigt, ob wir in die richtige Richtung gehen und der uns neue Anregungen gibt, wie wir es weitermachen können." Und so werden schwere Schicksale etwas leichter. Damit das Wort "Zukunft" nicht mehr Angst macht, sondern eine Perspektive aufzeigt.
Tag der offenen Tür am Sonntag, 28. September, zwischen 13 und 17 Uhr.
Wo: Zum Walkerstal 22 in 4750 Bütgenbach.
Alle Infos auf der Webseite der Frühhilfe Ostbelgien.