Rhythmisches Uhrenticken ist wie Musik in den Ohren von Yves Schmitz. Erst vor wenigen Tagen hat sich der 30-jährige Hergenrather mit "Yves The Clock" den Traum von der Selbstständigkeit erfüllt. Seine Leidenschaft für Uhren hat er per Zufall entdeckt.
"Ich hatte nach dem Abitur erst mal angefangen zu studieren. Das war aber nicht das Richtige. Per Zufall ist mir dann ein Ausbildungsbuch in die Hände gefallen - mit allen möglichen Berufen. Irgendwann habe ich dann den Beruf des Uhrmachers gesehen und fand das ganz interessant", erklärt Schmitz. "Ich dachte mir: 'Wieso nicht?' Ich hab früher gerne Modellbau gemacht und gepuzzelt - und hatte immer schon eine Leidenschaft für alte, schöne Sachen."
Da die Ausbildung zum Uhrmacher in der Region nicht angeboten wird, machte er seinen Gesellenbrief in der Nähe von Köln. In Dresden folgte der Meisterbrief. Nach einigen weiteren Stationen hat es den Uhrmacher zurück in die Heimat gezogen. Hier will er ein breites Publikum ansprechen.
"Ich glaube, mein Vorteil im Vergleich zu einem Juwelier oder anderen Uhrendiensten ist, dass ich sehr breit aufgestellt bin. Man kann mit fast allem zu mir kommen - von der Batterie, über den Armbandwechsel, bis zu kleinen Reparaturen, die ich direkt vor Ort mache. Wenn wirklich etwas kaputt ist, muss ich die Uhr nicht einschicken, wie es viele andere Betriebe tun - ich kann direkt mit dem Kunden sprechen, einen Kostenvoranschlag machen und die Reparatur selbst übernehmen."
In seinem Lager hat der Hergenrather allerlei Ersatzteile parat, die er bei Bedarf in die Uhren einbauen kann. Und auch, wenn er sich allen mechanischen Uhren gerne zuwendet - sein Herz schlägt vor allem für die Wartung und Reparatur von antiken Standuhren.
"Wenn solche alten Standuhren dann auch noch ein Kirschholz- oder Nussbaumgehäuse haben und man merkt, dass das Uhrwerk seit Jahrzehnten oder seit hundert Jahren nicht mehr angefasst wurde, und man eine millimeterdicke Staubschicht sieht: Da weiß man, dass man in dem Moment wirklich wieder etwas zum Leben erweckt. Das ist ein wunderschöner Moment."
Auch vor dem Handwerk der Uhrmacher macht der Nachwuchsmangel nicht halt - das bedeute aber noch lange nicht, dass das Uhrmacherhandwerk keine Zukunft habe. "Uhren gibt es schon seit Jahrhunderten und wird es auch immer geben. Und es muss auch immer jemanden geben, der sich um die ganz alten und auch die neueren mechanischen Uhren kümmert."
"Ein Uhrwerk ist wie ein Auto: Das muss regelmäßig gewartet werden, damit es gut läuft. Außerdem gibt es gerade in Deutschland und in der Schweiz eine sehr große Uhrenindustrie. Der Bedarf ist auf jeden Fall noch da. Für manche klingt es vielleicht so, als wäre der Uhrmacher ein Beruf wie der Glockengießer oder der Orgelbauer, wo es nur noch ein paar Menschen in ganz Europa gibt, die das machen. Aber das ist beim Uhrmacher nicht so. Auch wenn man sagen muss, dass es natürlich nicht Tausende sind. "
Heute ist auf dem Tisch des Uhrmachers eine Armbanduhr gelandet - das Leder des Armbandes ist leicht abgenutzt, das Gehäuse nicht mehr wasserdicht. "Die Dichtungen im Gehäuse müssen ersetzt werden", schlussfolgert Yves Schmitz und macht sich prompt ans Werk.
Zu seinen Werkzeugen gehören viele kleine Schraubenzieher, Lupen und Pinzetten, mit denen er die unzähligen Teile des Uhrwerks auseinandernimmt. Dabei muss er hochkonzentriert und präzise vorgehen. Jeder noch so kleine Fehler kann im schlimmsten Fall Hunderte Euro Schaden verursachen. "Es reicht wirklich schon, eine Schraube einen Ticken zu fest anzuziehen - und sie bricht. Dann muss man erst mal schauen, wie man das Ganze wieder herausbekommt. So was kann im Zweifel über Erfolg und Misserfolg entscheiden."
Eine Maschine, die ihm die Präzisionsarbeit bei dem Uhrwerk abnimmt, gibt es nicht. Jeder Handgriff muss sitzen. Nachdem die zahlreichen Schrauben, Zahnräder und Zeiger sortiert wurden, geht es für die kleinsten Teile in eine Reinigungslösung. Größere Teile können auch poliert werden. Danach wird die Uhr erneut in Handarbeit zusammengesetzt.
Yves Schmitz schließt nicht aus, das Handwerk in Zukunft auch an einen Lehrling weiterzugeben - zuerst will er sich aber mit "Yves The Clock" in Eupen etablieren.
Wer noch mehr über Yves Schmitz und seinen Weg in die Selbstständigkeit als Uhrmachermeister erfahren will, kann das am 18. September bei der Veranstaltung "Pleiten, Pech & Perspektiven" von der WFG Ostbelgien machen. Yves Schmitz ist dort als Redner vertreten.
Lindsay Ahn