Bei der Krachparade handele es sich nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes NRW und des Grundgesetzes, schreibt die Polizei Aachen in einem Feststellungsbescheid.
Die Begründung: Die Redebeiträge während des Umzugs sowie die Abschlusskundgebungen seien in den vergangenen Jahren zu kurz gewesen und hätten den politischen Zweck der Krachparade nicht ausreichend vermittelt. Zudem hätten die Teilnehmer Alkohol und Betäubungsmittel zu sich genommen. Insgesamt überwiege aus Sicht der Polizei der Eindruck, dass es sich eher um eine Feier als um eine politische Demonstration handele.
Dem Versammlungsleiter Simon Jentgens wird vorgeworfen, selbst eingeräumt zu haben, dass die Veranstaltung ihren politischen Charakter verloren habe. Er weist diese Vorwürfe zurück. "Die Krachparade hat einen klaren politischen Kern. Unsere Forderungen sind überall klar kommuniziert. Ob jetzt Teilnehmer der Demonstration Alkohol konsumieren oder nicht, kann ich erstens nicht beeinflussen, und zweitens hat das Ganze auch keine Auswirkung auf unsere politische Botschaft."
"Wir stehen für kulturelle Teilhabe und den Erhalt von Freiräumen und wir sind auch auf jeden Fall gesprächsbereit. Und auch die Aussagen, die uns die Polizei vorwirft, habe ich so niemals getätigt."
Ein ausdrückliches Verbot der Parade bedeutet der Bescheid nicht. Eine Durchführung wäre laut Polizei weiterhin möglich - allerdings nicht unter dem Schutz des Versammlungsgesetzes, sondern als "Veranstaltung". Dafür müssten jedoch neue Konzepte und Genehmigungen vorgelegt werden. Für die Organisatoren kommt das nicht infrage.
"Ich halte es für nicht praktikabel, die Krachparade als Veranstaltung bei der Stadt anzumelden," so Jentgens. "Das Wichtigste ist an dieser Stelle aber, dass wir das auch gar nicht wollen. Wir sind eine politische Demonstration und wir wollen unsere Forderungen unter dem Schutz des Versammlungsrechtes nach außen tragen. Wir nehmen unsere Forderungen ernst und wollen ihnen Gehör verschaffen."
Zu den Forderungen der rund 20 teilnehmenden Kollektive gehören unter anderem der Abbau bürokratischer Hürden bei Anträgen, die Abschaffung der Sperrstunde und neue Lärmschutzregelungen. Weitere Forderungen betreffen die Einführung von Respekt- und Awarenesskonzepten in der Stadt Aachen oder den Ausbau kultureller Infrastruktur - etwa durch öffentliche Toiletten.
Zu den bisherigen Erfolgen der Krachparade zählt unter anderem die Einführung eines sogenannten Nachtbürgermeisters. Dieser gilt als Vermittler zwischen der freien Szene und der Stadtverwaltung.
Diese Anliegen seien auf der Krachparade auch stets öffentlich sichtbar und hörbar vertreten worden. "Wir haben jedes Jahr mehrere tausend Flyer gedruckt, die wir auf der Parade selbst verteilt haben. Es gibt auch immer genug Plakate, die die Leute mitbringen, auch auf den Wagen selbst werden die Forderungen kommuniziert, da haben wir auch jede Menge Fotomaterial von."
"Auf unserer Route hält der Demozug öfter an, da gibt es dann mehrere Redebeiträge, die unsere Forderungen auch unterstreichen. Diese Reden werden dann auch im Hochschulradio live übertragen. Das heißt also, jeder Mensch, der gerade im Auto sitzt und vielleicht wegen der Demo nicht weiterfahren kann, kann sein Radio anmachen und sich die Reden live anhören."
Die Veranstalter haben inzwischen Klage gegen den Bescheid eingereicht und beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt. In einer Stellungnahme des beauftragten Anwalts heißt es, dass die Argumentation der Polizei zu kurz greift. "Eine Versammlung verliert ihren Schutz nicht dadurch, dass sie bunt, laut oder fröhlich ist. Im Gegenteil: Gerade die Vielfalt an Ausdrucksformen macht eine lebendige Demokratie aus."
"Wir gehen davon aus, dass wir auf jeden Fall unser Recht bekommen, denn wir sind eine politische Veranstaltung," so Simon Jentgens. "Sollte es aber nicht der Fall sein, dass das Verwaltungsgericht uns Recht gibt, müssen wir schauen, wie es für die Krachparade weitergehen wird." Unterstützung erhalten die Kulturkollektive auch aus der Politik. Die Linke, die Grünen, Volt und die SPD äußerten sich bereits solidarisch in den sozialen Medien.
"Also ich persönlich habe bis jetzt nur positive Stimmen aus der Politik gehört. Ich kann natürlich jetzt nicht für alle Politiker und Politikerinnen sprechen. Aber bis jetzt haben sich eigentlich fast alle hinter unsere Sache gestellt und auch Posts und Botschaften verbreitet."
"Wir sind auch im direkten Kontakt mit der Politik. Gerade auch über den Nachtbürgermeister, den wir in Aachen haben, haben wir einen direkten Kontakt zur Bürgermeisterin. Das ist für uns eine ganz besonders wichtige Schnittstelle." Ob die Krachparade wie geplant stattfinden kann, hängt nun von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab. Ein Urteil könnte in der kommenden Woche fallen.
Lindsay Ahn