Wenn man sich nicht sicher ist, dann besser nicht anfassen oder essen - so viel wissen wohl die meisten über die heimische Pflanzen- oder Tierwelt, danach wird es schon schwieriger. Ein ausgebildeter Naturführer aber kennt Belgiens Natur fast bis ins kleinste Detail: von Vogelkunde über Insekten-, Pilz-, Spinnen - oder Kartenkunde.
Die Ausbildung ist breit aufgestellt, sagt Werner Thissen, Kommunikationsbeauftragter des Naturführerkreises Eupen. "Wenn man sich umschaut: Wirklich alles, was man sieht, sind Themen, die behandelt werden. Der Naturführer ist ursprünglich ein Allrounder. Natürlich spezialisiert man sich dann auf Themen, je nach eigenem Geschmack."
Als die Ausbildung vor 50 Jahren eingeführt wurde, dauerte sie zwei Jahre. Mittlerweile sind es drei, denn der zu lernende Stoff ist immer mehr geworden und die angehenden Naturführer brauchen ausreichend Zeit, alles zu verinnerlichen. Das ist aber nicht das einzige, was sich über die Jahre verändert hat. "Mittlerweile gibt es sehr viele Videosequenzen und sehr viele Videokonferenzen. Es gibt relativ wenige Treffen: nur noch so acht, neun pro Semester. Sehr viel beruht auf Computerlernen."
Auf dem Plan steht allerdings nicht nur allein zuhause büffeln. Was die Ausbildung so besonders macht, sind für Werner Thissen vor allem die anderen Teilnehmer und der Zusammenhalt in der Gruppe. "Das ist ganz einfach eine Familie. Die Interessen sind gleich und es ist nicht selten, dass wenn man zu Treffen fährt, dass dann wieder spezielle Themen besprochen werden, oder sich gegenseitig geholfen wird. Das ist wirklich sehr schön."
Am Ende der Ausbildung ist es wie mit jedem Abschluss: Es wird geprüft. Der Höhepunkt ist eine Endarbeit über rund 50 Seiten. Viel Arbeit, die den Teilnehmern einiges abverlangt. Wer sie besteht, darf dann offiziell auch Führungen anbieten.
Um ein guter Naturführer zu sein, braucht es aber mehr als nur eine bestandene Prüfung. "Ne gute Portion Humor gehört dazu", sagt Thissen. "Ein Naturführer muss kein Supermann sein, er muss ganz einfach Freude haben, sein Wissen weiterzugeben und ganz einfach in der Natur zu sein, auch wenn das Wetter mal nicht so toll ist."
Mit Humor und Spaß an der Sache soll auch das 50-jährige Jubiläum der Ausbildung gefeiert werden. Am Freitag und Samstag (28. und 29. Juni) gibt es dafür am Haus Ternell in Eupen ein Programm für die ganze Familie: Bogenschießen, Spiele, eine Vorführung zum traditionellen Sensenmähen und noch einiges mehr. "Wir haben eine Sektion der jungen Fährtensucher. Kinder zwischen vier und sieben Jahren, die haben zu Wanderungen einfach mal einen Fotoapparat mitgenommen und Bilder gemacht. Und diese Sicht der Natur aus Kindersicht ist sehr interessant."
Ziel ist, dass am Ende auch die Kleinsten die Schönheit der belgischen Natur für sich entdecken. Wer Interesse hat, kann am Freitag und Samstag immer von 11 bis 17 Uhr beim Haus Ternell vorbeischauen.
Annika Deist