"Europa ist mein Leben. Das ist die größte Ehre meines Lebens, hier stehen zu dürfen." Das sagte Ursula von der Leyen nach der Preisverleihung. 700 Ehrengäste im Krönungssaal des Aachener Rathauses spendeten anhaltenden Beifall. In ihrer Dankesrede sprach sie sich für eine grundlegende Erneuerung hin zu einem unabhängigen Europa aus.
König Felipe von Spanien und der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz würdigten in ihren Festreden das Engagement der Kommissionspräsidentin für die Einheit Europas. Nur gemeinsam und mit einer Stimme könne Europa stark sein und dafür stehe von der Leyen ein, sagte König Felipe. Merz nannte sie eine starke Vertreterin eines starken Europas und demonstrierte Entschlossenheit, für Freiheit und Demokratie einzustehen, notfalls für ihren Erhalt zu kämpfen.

Bischof Helmut Dieser stellte seine Predigt unter das Motto "Krisen sind nicht der Feind des Glaubens und auch nicht der Feind Europas". Er würdigte Willenskraft, Mut und Klugheit der diesjährigen Preisträgerin. Zugleich rief er dazu auf, sich für die Freilassung der in Belarus inhaftierten Preisträgerin von 2022, Maria Kalesnikova, einzusetzen. Deren Schwester, die Menschenrechtsaktivistin Tatsiana Chomitsch, hielt während der Messe ein Foto der Gefangenen hoch mit der Aufschrift "Free Kalesnikova".
Zwei Festgäste fehlten aus aktuellen Anlässen: der ukrainische Präsident Selenskyj und der britische Premierminister Starmer.
Nach dem Festakt war die neue Preisträgerin am Nachmittag auf der Katschhof-Bühne hinter dem Rathaus. Dort fand ein Bürgerfest statt unter dem Motto "Aachen feiert Europa".
Vor dem Rathaus demonstrierten am Donnerstagmorgen einige Dutzend Menschen für eine Verteidigung des Green Deals und forderten von der Leyen auf, wieder zu ihrem Wertekompass zurückzukehren. Die angekündigten Demonstrationen in der Innenstadt gegen die Aufrüstung Europas und für eine Waffenruhe in Gaza blieben unbemerkt.
Von der Leyen: Unser Auftrag ist europäische Unabhängigkeit
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat Europa angesichts der Krisen in der Welt zu mehr Unabhängigkeit aufgerufen. Die deutsche CDU-Politikerin sprach in ihrer Dankesrede zur Verleihung des Internationalen Karlspreises in Aachen von gewaltigen geopolitischen Spannungen.
Europa stehe vor der grundlegenden Entscheidung, abzuwarten oder selbst über seine Zukunft zu entscheiden. Es sei an der Zeit, dass Europa erneut aufstehe und das nächste, große europäische Projekt verwirkliche, betonte von der Leyen. Die nächste große Ära müsse von einem unabhängigen Europa handeln.
Friedensprojekt Europa muss auch nach außen erfolgreich sein
Bei der Karlspreis-Verleihung in Aachen hat der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz die Unterstützung Deutschlands für die Stärkung und Verteidigung Europas zugesagt. Als Friedensprojekt nach innen sei Europa erfolgreich gewesen, sagte der CDU-Politiker in Anspielung auf vergangene Kriege in Europa.
Europa müsse nun zum Friedensprojekt auch nach außen werden, sagte Merz weiter. An von der Leyen gewandt sagte er, sie gebe Europa in der Welt eine europäische Stimme. Dafür werde sie hochverdient mit dem Karlspreis ausgezeichnet.
Michaela Brück