Donnerstagmorgen, kurz nach 8 Uhr auf dem Aachener Bendplatz: Die Uhr tickt, denn der Circus Roncalli feiert schon am Samstagnachmittag Premiere. Auch wenn die Vorzelte schon stehen, ist von dem Hauptzelt noch nicht viel zu sehen.
Der Stress auf der Baustelle hält sich jedoch in Grenzen, denn tatsächlich hätte es für das Team zeitlich noch viel enger werden können, sagt Patrick Philadelphia, Geschäftsführer des Circus-Theater-Roncalli. "Eigentlich hätten wir erst heute Morgen auf den Bendplatz gekonnt. Dann wäre es richtig stressig geworden. Aber wir hatten Glück. Dank der Schausteller und der Organisation vom Bendplatz durften wir gestern schon loslegen. Das hat es uns dann erlaubt, heute schon um 8 Uhr mit dem Bau des Hauptzeltes anzufangen."
Auf der Baustelle hat Michele Rossi den Überblick. Seit 2009 arbeitet der Zeltmeister für den Circus Roncalli. Beim Bau des Hauptzeltes muss er konzentriert bleiben und auf viele Dinge achten. Die Bedingungen für den Zeltbau seien in Aachen hervorragend, findet er. "Das Hauptzelt wird von 100 Seilen gespannt. Jedes dieser Seile hat eine Spannung von 1.200 Kilogramm. Jedes der Seile braucht dann auch einen eigenen Anker, mit dem es im Boden festgehalten wird. Nach dem Bau des Zelts gibt es natürlich auch eine Abnahme wegen der Statik."
"Der Boden hier ist sehr hart, das ist sehr gut. Wenn der Boden sehr weich ist, zum Beispiel auf einer Wiese, brauchen wir doppelte Anker, aber hier ist alles super, die Anker halten sehr gut. Wir haben das Zelt jetzt hier fast fertig, das Meiste ist genauso, wie es sein soll. Das macht mich sehr froh", so Rossi.
Im nächsten Jahr wird der Circus Roncalli 50 Jahre alt. Patrick Philadelphia ist seit fast 30 Jahren mit dabei. In seiner Zeit bei dem Zirkus habe sich vieles verändert. "In 50 Jahren Roncalli gibt es sehr viele technische Dinge, die wir verändert haben. So zum Beispiel unsere Zugmaschinen, die werden immer moderner. Das ist auch für uns wichtig, ökologisch unterwegs zu sein."
"Wir nutzen heutzutage natürlich auch ganz andere Mittel beim Aufbau. Wir schlagen zum Beispiel nicht mehr mit purer Manneskraft die Anker in den Boden. Das machen inzwischen Maschinen", erklärt Philadelphia.
Ganz ohne Muskelkraft geht es dann aber natürlich doch nicht. In Michele Rossis Crew sind ungefähr 60 Personen, sie alle packen tatkräftig mit an, spannen die Seile und hieven die schweren Zeltmasten in die Höhe. Gegen 10:30 Uhr ist das Gröbste geschafft. Das Zelt steht.
Feierabend ist aber noch lange nicht. "Wir werden jetzt noch hier mit dem Aufbau der Sitztribüne weitermachen. Die letzten Wagen, die aus Bonn kommen, sind schon fast alle da, und auch die letzten Artisten kommen langsam auf dem Bendplatz an. Ich denke, dass wir heute auch noch ein paar Überstunden machen müssen, damit wir auch pünktlich Premiere feiern können", erklärt Patrick Philadelphia.

Auch Michele Rossi wird in den nächsten drei Wochen noch einiges zu tun haben. Denn ein Zeltmeister müsse immer bei seinen Zelten bleiben. "Das ist unglaublich wichtig. Es kann immer sein, dass einer der Stricke locker wird oder andere Probleme auftreten, da muss ich sofort eingreifen können. Ich habe auch eine mobile Werkstatt hier, wenn eine Requisite kaputtgeht, springe ich auch als Schlosser ein."
In dem neuen Circus-Roncalli-Programm "ARTistART" geht es - wie der Name schon vermuten lässt - vor allem um Kunst und Künstler. "Wir hatten schon in der Vergangenheit Bestandteile in verschiedenen Shows, bei denen Artisten als Künstler präsentiert worden sind. Da kamen zum Beispiel Piet Mondrian oder Frida Kahlo vor. Genau solche Sachen tauchen auch wieder in dem neuen Programm auf", so Philadelphia.
"Gleichzeitig sind aber auch wieder andere Elemente dabei, zum Beispiel unser Clown Matute, der sehr viel mit dem Publikum interagiert. Ich bin mir sicher, da ist für jeden etwas dabei, denn ARTistART - Kunst gehört natürlich auch in den Zirkus."
Der Circus Roncalli ist bis zum 1. Juni in Aachen zu Gast.
Lindsay Ahn