Der Vorschlag des RWTH-Rektorats, bald Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland zu erheben, hat vor allem bei den Studierendenvertretungen für einen Aufschrei gesorgt. Seit rund einem Monat ist eine Petition gegen das Vorhaben im Umlauf, sie hat aktuell über 5.400 Unterschriften. Einige Studierende haben außerdem die Gruppe "Students against fees" (Studierende gegen Gebühren) gegründet.
Auch Aras Osso ist in der Gruppe aktiv und hat an der Demonstration gegen die Studiengebühren am Montag teilgenommen. Dass internationale Studierende, die nicht aus der EU kommen, bald Gebühren zahlen sollen, findet er absolut unverhältnismäßig. "Das sind Zahlen, die sich zwischen 3.000 und 5.000 Euro pro Semester bewegen. Wenn man dann das klassische Maschinenbaustudium als Orientierung nimmt, da ist die Regelstudienzeit sieben Semester, da kommen wir auf 35.000 Euro."
"Da fragt man sich doch natürlich, wie ein Durchschnitts-Student oder auch die Familie, die dann eventuell unterstützt, sich so etwas leisten können? Das führt dann einfach dazu, dass vor allem Studierende aus wohlhabenden Familien die Möglichkeit haben, hier an der RWTH zu studieren. Bildung muss aber für alle zugänglich sein."
Alle, die nicht das nötige Geld besäßen, würden aufgrund ihrer Herkunft ausgegrenzt. Das sei rassistisch, argumentiert "Students against fees". "Alleine wenn man sich das Positionspapier der RWTH durchliest, liest man unter anderem, dass die Nicht-EU-Studis sich nicht am Steuersystem beteiligen würden und es dementsprechend nur gerecht sei, diese Semestergebühren zu erheben. Das sind aber einfach falsche Tatsachen. Das erinnert mich auch einfach an eine AfD-Rhetorik."
"Natürlich tragen auch Studierende, die aus dem Nicht-EU-Ausland kommen, zu diesem Steuersystem bei. Wenn ich aus dem Nicht-EU-Ausland komme und hier studieren möchte, dann muss ich ja irgendwie meinen Lebensunterhalt finanzieren. Ich muss zum Beispiel meine Miete zahlen. Das bedeutet, dass ich neben meinem Studium einen Job, oder in den meisten Fällen sogar mehrere Jobs habe", sagt Aras Osso.
"Zudem ist es ja auch so, dass viele Studis nach ihrem Abschluss in Deutschland bleiben und sich dort ein Leben aufbauen. Das fließt dann natürlich auch wieder in das System zurück." Gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel, der auch in Deutschland um sich greife, sei der Weg, den die RWTH einschlage, der falsche, so Aras Osso.
"Students against fees" macht vor allem über Instagram auf das Thema aufmerksam. Eine transparente Kommunikation zwischen der RWTH und der Studierendenschaft vermisst die Gruppe. "Wir sind wochenlang und tagelang auf dem Campus unterwegs gewesen und haben mit Studierenden gesprochen. Viele wussten einfach nichts von den geplanten Studiengebühren. Das zeigt halt auch, dass die RWTH bei diesem Prozess sehr intransparent ist."
"Die RWTH hat bislang einfach nicht ihre eigenen Kommunikationskanäle benutzt, um darüber zu informieren, dass es diese Bestrebungen gibt. Das zeigt mir auch irgendwie, dass das Rektorat an dieser Stelle auch ein bisschen planlos unterwegs ist und bisher auch nicht wirklich ein Konzept ausgearbeitet hat, das funktioniert."
Hinter den Kulissen habe es zwischen der Hochschule und "Students against fees" zwar schon das ein oder andere Gespräch gegeben, viel gebracht habe das bisher aber nicht. Die Fronten seien aktuell einfach zu versteift. Deshalb will die Gruppe weiter protestieren. "Das ist definitiv erst der Anfang, wir hören jetzt nicht auf. Das Rektorat hält an seiner Position fest und wir lehnen diese Position ab und wir nutzen natürlich unsere demokratischen Rechte, und kämpfen weiter dafür, dass diese Studiengebühren nicht eingeführt werden. Da würde ich auch weitere Proteste erst einmal nicht ausschließen."
Unterstützung aus der Politik
"Students against fees" erhält auch Unterstützung aus der Politik. Vor allem Die Linke und die SPD zeigen sich solidarisch. So äußerte sich der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD, Dr. Bastian Hartmann, vor einigen Wochen: "Durch die Gebühren wird Studieren zum Luxus, eine Ausgrenzung ist vorprogrammiert. Warum sich gerade die Hochschulleitung der RWTH Aachen als international anerkannte und gefragte Hochschule für die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer ausspreche, ist mir schleierhaft." Auch auf der Demonstration am Montag äußerten sich SPD-Fraktionschef Michael Servos und der Bundestagsabgeordnete der Linken, Fabian Fahl, kritisch gegenüber der geplanten Studiengebühren.
Auf mehrere Interviewanfragen des BRF hat RWTH-Direktor Ulrich Rüdiger bisher noch nicht reagiert. Stattdessen erreichte uns eine schriftliche Stellungnahme der RWTH. Darin heißt es: "Die RWTH positioniert sich klar gegen allgemeine Studiengebühren und steht zum steuerfinanzierten Bildungssystem in Deutschland. [...] De facto ist es so, dass es Non-EU-Internationals schwerer fällt als anderen, ihr Studium und Leben an der RWTH und in Aachen erfolgreich zu organisieren. [...] Mit maßgeschneiderten Programmen lassen sich auch Lernrückstände und Sprachbarrieren gut ausgleichen, aber das erfordert im Vergleich zu EU-Studierenden den zweieinhalbfachen Aufwand und höhere Kosten. Das können wir nicht aus öffentlichen Mitteln finanzieren. [...] Die gewünschten Studiengebühren sollen nach Möglichkeit ohne Abgaben an das Land in die allgemeine Verbesserung der Lehre und der Situation der Studierenden an der RWTH fließen. [...] Mit Stipendien wird verhindert, dass das Studium nur noch einer privilegierten Gruppe möglich wäre. [...] Die RWTH erwartet wegen ihrer internationalen Beliebtheit als Spitzenuniversität keine negativen Auswirkungen auf die Zahl internationaler Studierender."
Lindsay Ahn