Kaum ist das Tor zum Gehege auf, wünschen die beiden Esel Gismo und Leon uns auch schon einen guten Morgen. Die Sonne scheint auf das dichte, dunkle Winterfell der beiden. Ihre langen, buschigen Ohren strecken sie in die Höhe. Auf den ersten Blick könnte man sie durchaus für Maultiere halten - so groß sind sie.
Trotz oder gerade wegen ihrer Größe sind Leon und Gismo aber ziemlich entspannt - sie bringen also die perfekten Voraussetzungen mit, um in der tiergestützten Therapie eingesetzt zu werden, erklärt Tierpflegerin Judith Schmidt. "Ich habe hier auch immer wieder Leute, die zu mir kommen, die sich einen Esel kleiner vorstellen und dann erstmal einen kleinen Schreck kriegen."
"Aber da ist es eben richtig schön, dass die beiden nicht so aufdringlich oder übergriffig sind. Sie werden dann eher zurückhaltend, wenn sie merken, dass es dem Menschen nicht so geheuer ist. Dann stelle ich die Tiere natürlich auch immer nochmal vor, um die Berührungsängste abzubauen. Ich erzähle gerne, wer mit wem befreundet oder verwandt ist. Und dann schauen wir gemeinsam, was an dem Tag als Aktivität stattfindet."
Zur Auswahl stehen unter anderem Eselwanderungen und Kuscheleinheiten mit den Tieren. Selbst ist die Tierpflegerin aber keine Therapeutin. "Es ist immer so, dass noch eine externe Therapeutin oder ein Therapeut dabei ist. Heute kommt zum Beispiel eine Ergotherapeutin mit, die den Jungen gut kennt, der behandelt wird."
"Ich bin also nur die Tierbesitzerin. Ich stelle meine Tiere für die Therapie zur Verfügung und achte natürlich auch darauf, dass es den Tieren gut geht. Ich schaue auf die jeweilige Tagesform des Tieres und entscheide, welches Tier wann und wofür geeignet ist."
Neben Gismo und Leon hat Judith Schmidt auch noch andere Tiere. Genau wie bei Menschen hat jedes der Tiere einen eigenen Charakter. Manche sind aufgedreht, andere ruhig - so können die Tiere in unterschiedlichen Situationen helfen. "Wenn ich einen Besucher habe, den ich fordern möchte und der generell vielleicht sehr hibbelig ist, dann wähle ich ein ruhigeres Tier aus. Ist der Besucher introvertiert, dann hilft es vielleicht, ein aktiveres Tier auszuwählen, damit die Kommunikation zwischen Mensch und Tier stattfinden muss. Das können ganz unterschiedliche Tiere sein, Esel, Ziegen oder sogar Katzen."
Judith Schmidt arbeitet auch mit Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen zusammen. Das ist aber nur ein Bruchteil ihres Angebotes. Auch Privatleute - mit oder ohne Einschränkung - sind herzlich dazu eingeladen, Leon, Gismo und ihre anderen tierischen Freunde in Grüfflingen auf Anfrage zu besuchen. Dabei darf dann natürlich auch ordentlich gestreichelt und gekuschelt werden.
Lindsay Ahn
