Vom Prozedere her lief der Rollenwechsel reibungslos. In der Praxis vermisst St. Viths neuer Bürgermeister aber eine geordnete Übergabe - etwa mit Blick auf unmittelbar anstehende Entscheidungen im Gemeindekollegium. "Wir stellen heute fest, dass in den nächsten Tagen Punkte auf der Tagesordnung stehen, von denen wir bis dato nichts gewusst haben. Das sind Punkte von einer gewissen Tragweite für die Gemeinde. Warum wurde nicht mit uns über diese Punkte diskutiert? Dann hätten wir heute schon sehr wahrscheinlich Lösungen, die wir vorstellen könnten. Das möchten wir unbedingt anders machen. Wir möchten schon haben, dass die Minderheit, die Opposition mit uns geht und mit uns arbeitet an den Themen, die relevant sind für unsere Gemeinde."
Jedenfalls ging der Rollentausch nicht unbemerkt über die Bühne: Schon die innere Geschäftsordnung des Stadtrates bot der neuen Opposition Anlass um Herbert Grommes zu grundsätzlicher Kritik. " Wir wollen bestimmte Dinge nicht so machen, wie die vergangenen Oppositionen das gemacht haben. Und ich denke, es ist schon problematisch. In der Vergangenheit hatten acht Oppositionsmitglieder vier Fragen und jetzt haben neun Oppositionsmitglieder noch zwei Fragen. Hier ist auch schlichter Wille vorhanden und da hätten wir schon gedacht, es wäre ganz gut gewesen, wenn das dann so hätte verabschiedet werden können."
"Es hat in der Vergangenheit dieses Dokument gegeben, wir geben es heute unverändert rein. Im Prinzip wäre es ja so, dass die alte Mehrheit - die neue Opposition - mit diesem Dokument einverstanden sein müsste. Das war nicht der Fall, weil es ja einen gewissen Diskussionsbedarf gab. Wir stehen diesen Diskussionen offen gegenüber. Nur heute war das nicht machbar. Diese Punkte einzeln abzuhandeln und noch einmal neuzuformulieren, das ist nicht möglich", so der neue Bürgermeister.
Demokratische Kontrollfunktion oder Retourkutsche nach dem Muster "Wie du mir so ich dir"? Noch während der Sitzung rief die frisch vereidigte Schöffin Gaby Schröder zu mehr Gemeinsamkeit auf. "Ich habe einfach Lust, dass hier ein Schwung, eine Dynamik reinkommt, weil die Probleme - oder nicht die Probleme -, die Herausforderungen sind groß und die sollten wir jetzt gemeinsam schaffen und angehen."
Die Rückkehr in den Stadtrat war für sie wie für ihre Listenkollegin Dorothea Schwall-Peters oder den früheren Schöffen Bernd Karthäuser ansonsten ein Déjà-vu. Für andere war es Neuland wie für Thomas Huppertz. Er rückte für Katja Kreins nach, die nicht zusammen mit ihrem Vater Leo dem Stadtrat angehören darf.
Auf der anderen Seite rückte Linda Zwartbol an die Stelle von René Hoffmann, der auf sein Stadtratsmandat verzichtete. Neu dabei auch die PDG-Abgeordnete Stephanie Pauels. Und dann kann Oppositionsführer Herbert Grommes noch auf drei seiner vier Schöffen zählen. "Ich denke, wir haben sehr viele fähige Köpfe und da wird sich jeder auf seine Themen vorbereiten. Das wird eine spannende Arbeit werden."
Der fünfte Schöffenposten, der St. Vith wegen des Bevölkerungswachstums nun zustünde, bleibt vakant: So wollte es die neue Mehrheit.
Stephan Pesch