Es wird gebuddelt, was das Zeug hält. Im Eupener Ortsteil Gemehret geht es direkt am Straßenrand circa einen Meter tief ins Erdreich. Dicke Stromkabel werden durch Verlegungsrohre gezogen. "Es sind in den letzten Jahren extrem viele Photovoltaikanlagen im Niederspannungsbereich hinzugekommen", erklärt Benno Dunkmann. "Die Anzahl hat sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt gegenüber den ganzen Jahrzehnten davor, wo schon Photovoltaik installiert wurde. Und das bringt mit sich, dass es mitunter auch zu Stromstau kommt, nenne ich das mal. Dass da nicht so viel Leistung an den Teilstücken durch das Niedrigspannungsnetz durchgeht, wie es sein sollte", so Dunkmannn weiter.
Der Ingenieur ist Dienstleiter für Kunden und Projekte beim Verteilernetzbetreiber Ores. Und er hat viel zu tun. Seit dem letzten Jahr hat Ores das Investitionsvolumen für den Ausbau der Netze in der Wallonie gleich verdoppelt: auf 400 Millionen Euro pro Jahr. Bis zum Jahr 2038 werden insgesamt fünf Milliarden Euro investiert.
"Wir brauchen stärkere Leitungen, Transformatorstationen. Auf der einen Seite gibt es mehr Erzeuger, also Photovoltaik. Auf der anderen Seiten gibt es aber auch viel mehr neue Energieverbraucher: Wärmepumpen und Schnellladestationen für E-Autos, um einfach mal die großen Beispiele zu nennen, die sehr viel mehr elektrische Energie verbrauchen als früher", erklärt Dunkmann. "Früher wurde ja sehr viel mehr mit Erdgas oder Öl geheizt. Das wird jetzt alles umgestellt auf Elektro. Und die Leistung muss ja irgendwo durch die Leitung."
So hat der Verteilernetzbetreiber die ganze Wallonie unter die Lupe genommen. Wo kann es zu Stromstau kommen? 1.250 solcher Nadelöhre wurden für dieses Jahr definiert. Alleine in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind es 118 Baustellen. Ende des Jahres sollen sie alle fertig sein.
Passiert nichts, würde das der Endverbraucher zu spüren bekommen. "Dadurch, dass sein Wechselrichter zum Beispiel, der den Strom einspeist ins Netz, dann ausfällt oder sich abschaltet. Es ist ja keine Störung im technischen Sinne. Aber der schaltet sich dann ab, weil er merkt, dass er den Strom nicht ins Netz bekommen kann und das bedeutet für den Endverbraucher, dass er keinen Strom einspeist."
Damit wäre das Prinzip der Photovoltaikanlagen hinfällig. Zumindest in den Zeiten, in denen die Sonnenpanele viel Energie liefern. An trüben Tagen ist das eine andere Sache. Dann ist der Strom in der Regel nicht grün, sondern kommt aus Atomkraftwerken oder von fossilen Energieträgern. Es fehlt an Speichertechnologien für erneuerbare Energien. "Diese Speichertechnologien entwickeln sich extrem schnell und extrem stark. Da sind in den nächsten Jahren Technologiesprünge zu erwarten", so Benno Dunkmann. "Das ist aber noch nicht so weit entwickelt, wie man es sich wünschen würde. Aber die Entwicklung geht in diese Richtung und das ist wichtig, damit der Strom grün bleibt."
Das ist jedoch nicht die Baustelle des Verteilernetzbetreibers. Ores muss sicherstellen, dass der Strom in beide Richtungen fließt: in die Haushalte hinein und von dort wieder raus ins Netz. Bis 2035 gibt es hier genug zu tun: Der Masterplan umfasst ganze 10.000 Baustellen.
An welchen Stellen Ores in den nächsten Jahren das Stromnetz modernisiert, wurde kartografiert. Interessierte können die Karten online unter ores.be einsehen.
Simonne Doepgen