An den Tagen vor Allerheiligen wird geschrubbt, geputzt, geharkt und gepflanzt. Die Gräber sollen schön aussehen, wenn Angehörige sie besuchen und ihrer Verstorbenen gedenken. Auch die Eheleute Taeter-Vleeschouwer pflegen die Familiengrabstätten auf dem Eupener Friedhof - nicht nur zu Allerheiligen.
Dass die nachfolgende Generation noch Wert darauf legt, bezweifelt das Ehepaar aber. "Die Grabpflege interessiert unsere Kinder nicht. In Zukunft wird das nicht mehr gemacht", glaubt Frau Vleeschouwer. "Wir lassen uns auf jeden Fall einäschern. Ein Urnengrab mit einem Blümchen drauf reicht."
Der Trend zur Einäscherung spiegelt sich im Bild des Eupener Friedhofs. Wie überall wächst auch hier die Zahl der kleinen Urnengräber, "wobei ich sagen muss: Wir sind bei 55 Prozent an Einäscherungen. Wenn man in Nachbargemeinden schaut, sind die Zahlen schon viel höher", erklärt Friedhofsverwalter Ralph Thielen. "Hier wird noch traditionell beigesetzt."
Der Friedhofsverwalter beobachtet aber einen Wandel in den Bräuchen - auch zu Allerheiligen. "Die Tradition ist noch da, aber es wird von Jahr zu Jahr weniger. Ich bin jetzt 16 Jahre hier. Wenn ich bedenke, wie das vor 16 Jahren war. Da war vor Allerheiligen hier viel mehr los. Heute werde viele Gräber durch Gärtner gepflegt. Früher kamen die Familien und trafen sich hier, um die Grabstätte herzurichten."
Insgesamt habe sich die Bestattungskultur verändert, bedauert Ralph Thielen. "Viele ältere Leute geben ihre Grabstätte zurück, weil sie nicht möchten, dass die Kinder sich später um die Grabpflege kümmern müssen. Finde ich persönlich sehr schade, wenn man Kindern das wegnimmt."
Der 200 Jahre alte Eupener Friedhof ist der größte in Ostbelgien. Was man auf den ersten Blick nicht sieht: Fast ein Viertel der Grabstätten sind leer. "Hier auf dem Friedhof haben wir 3.200 Grabstätten, also Konzessionen. Gräber wie man sie hier sieht. Davon sind 714 leer. Macht 22,6 Prozent. Hört sich viel an, fällt aber nicht zwingend auf. Der Friedhof ist noch belebt. Aber es sind doch viele leere Gräber dabei."
Denn immer mehr Konzessionen werden zurückgegeben. Die Grabstätten bleiben aber bestehen. Im Unterschied zu anderen Gemeinden hat sich die Stadt Eupen auf die Fahne geschrieben, den Friedhof so zu erhalten wie er ist. "Wenn eine Grabstätte zurückgegeben wird, demontieren wir sie nicht", erklärt Ralph Thielen. "Wir lassen die Grabsteine stehen."
Um den Unterhalt zu gewährleisten, lässt die Stadt die freien Gräber mit Kies abdecken. Für den Friedhof als Naturraum nicht die ideale Lösung, so Umweltberaterin Alexandra Hilgers. Die Kiesflächen heizen sich im Sommer auf und bieten kaum Lebensraum für Pflanzen und Tiere.
Mit einem Begrünungsprojekt will man der Vergrauung entgegenwirken. In einer Testphase wurden freie Gräber mit Sedummatten begrünt, die man von Dachbegrünungen kennt. "Das haben wir im Oktober 2022 gestartet und nach einem Jahr geschaut, wo es funktioniert und wo nicht", erklärt Alexandra Hilgers, die Umweltberaterin der Stadt Eupen. "Im Frühjahr haben wir das Projekt dann ausgeweitet und nochmal 80 Quadratmeter begrünt."
Auch für Privatleute bieten sich die Sedummatten als praktische Alternative an, "denn man muss sagen, dass die Sedummatten im Sommer herrlich bunt blühen", weiß Alexandra Hilgers. "Die Matten werden wie Rollrasen verlegt. Der Unterhalt hält sich in Grenzen. Und man kann Areal freihalten, das man trotzdem noch frei gestaltet."
Friedhofsverwalter Ralph Thielen freut sich über die Begrünung. Für ihn ist der Friedhof nicht nur zu Allerheiligen Eupens schönster Park, der zu jeder Jahreszeit seinen Charme habe.
Infos zur Friedhofsbegrünung gibt es auf der Webseite der Stadt Eupen.
Michaela Brück