"Wenn wir einfach durch den Wald gehen oder auch zu Hause irgendwo gehen: Wer hört noch richtig zu? Nicht nur bei Geräuschen, auch dem anderen zuhören. Und wer sieht Details? Es gibt auch noch was anderes zu sehen." Auch Daniel Mackels hat dieses aufmerksame Wahrnehmen erst in den letzten Jahren entwickelt.
Fasziniert hat ihn der Wald schon als Kind. "Ich bin früher viel durch den Wald gelaufen. Stundenlang. Ich habe viel gesehen, aber auch gar nichts", erzählt er. "Seit ein paar Jahren gehe ich achtsam durch den Wald, verweile öfters. Das ist ein ganz anderes Gefühl, und man sieht viel mehr, auch wenn man nicht so weit kommt."
Waldbaden nennt man dieses Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes, ohne Eile, ohne Ziel, ohne Leistungsdruck. Ein Umweltmediziner aus Japan hat dies zu einer Methode für Stressbewältigung entwickelt und einen Wegweiser formuliert. "Gehe langsam und gemütlich, meditiere, mache Atemübungen, erlebe was dich umgibt, lass den Atem fließen, spüre und berühre die Bäume."
Das geht nicht auf Knopfdruck. Viele Menschen brauchen eine Weile, bis sie sich darauf einlassen können. "Die meisten, die hierhin kommen, haben die Gedanken noch zu Hause oder sonst wo. Man muss versuchen, den Kopf frei zu bekommen." Dabei helfen Übungen wie Qi Gong, die Daniel Mackels in das Waldbaden einfließen lässt.
Wie diese Art des Walderlebens sich auf Körper und Seele auswirkt, haben Wissenschaftler untersucht. Es hilft vor allem, Spannung abzubauen. "Dann reguliert das den Blutdruck, senkt den Cortisolspiegel. Es hat eine ausgleichende Wirkung auf unser vegetatives Nervensystem, was wir nicht beeinflussen können: Verdauung, Atmung, Herzschlag ... Es geht uns einfach besser. Aber Vorsicht, bei einer Krankheit sollte man trotzdem den Arzt aufsuchen."
Wenn auch andere Naturerlebnisse sich positiv auswirken können, so hat doch der Wald eine besondere Ausstrahlung. Und das hat einen Grund: "Die Waldluft, die wir einatmen, das sind Terpine, Bestandteile ätherischer Öle. Und ob wir es wollen oder nicht: Wir sind Teil der Natur. Unser System ist darauf ausgerichtet. Es ist zwar eine Kommunikation zwischen den Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Aber unser System kann auch die Botenstoffe entschlüsseln", erklärt Mackels. "Wir reagieren ähnlich wie die Bäume: steigern unser Immunsystem, senken Stresshormone."
Im Unterschied zum Wandern kann Waldbaden jeder, so die Erfahrung von Daniel Mackels - unabhängig von Alter und körperlicher Verfassung. Es ist für jeden geeignet, auch für Menschen mit Beeinträchtigung. "Ich hatte gestern einen taubstummen Menschen. Er war anfangs sehr unruhig. Am Ende zeigte er dann ein breites Lächeln und war viel ruhiger."
Infos zum Waldbaden mit Daniel Mackels gibt es unter naturistderweg.be.
Michaela Brück