Ein paar Stunden musste der Brotteig gehen. Jetzt wird er aus dem Korb auf den Holzschieber gekippt, eingeschnitten, Mehl drauf - und ab in den Ofen. Maximal 14 Personen fasst der Werkraum der Kreativen Werkstatt Mürringen. Die Stimmung ist freundschaftlich-gelöst. Man kennt sich.
Nur Thomas ist heute neu dabei. 50 Kilometer ist er gefahren, um in Mürringen zum ersten Mal sein eigenes Brot zu backen: "Ich habe erst mal zugeguckt und dann hat es sich ergeben. Man muss erstmal gucken, wie das läuft."
Stephan schiebt heute die Brote in das Backes. Er ist ein Mann der ersten Stunde. "Zuerst haben wir entschieden, wollen wir das versuchen? Backen, und so weiter, wie früher, einfach mit Mehl, Wasser und Salz. Und warum überhaupt. Und dann haben wir ein altes Backes gesucht und haben gebacken. Erst zwei oder drei Jahre später haben wir hier den Ofen gebaut."
Gebacken wird ein Sauerteigbrot. Das bedeutet, dass ein Teilnehmer vorab den Sauerteig ansetzen muss. Die Vorbereitungen fangen schon mittwochs an, um sonntags zu backen. Am Backtag selber muss der Teig zwei Stunden gehen, dann wird erneut geknetet und die Laiber kommen nochmal eine Stunde in den Schrank.
Das dauert in Mürringen auch nicht länger als anderswo, sagt Raymond Andres, der die Kreative Werkstatt leitet: "Wir fangen mittwochs an mit dem Vorteig. Dann wird der jeden Tag gefüttert bis sonntags. Wir backen seit 2018 und haben ein paar Jahre später unser eigenes Backes gebaut, im Jahr 2020. Angegliedert an ein Nebengebäude der alten Lehrerwohnung in Mürringen, in der die Kreative Werkstatt sich befindet. Lehrerwohnung auf Dialekt heißt 'Lieresch', von 'Lehrer'. Deswegen heißt das Backes 'Lieresch Backes'"
Es klappt nicht immer mit dem Brot, geben sie freimütig zu. Gerade am Anfang waren die Brote auch schon mal flache Ziegelsteine. Aber heute haben sie den Dreh raus. Für Stephan ist es das beste Brot: "Als erstes wissen wir, was drin ist: nur Mehl, Wasser und Salz. Es ist ein festeres Brot. Mir schmeckt es einfach besser."
Das Brot macht ordentlich satt, versichern die Teilnehmer. Konkurrenz zum Bäckerladen sind sie nicht - gebacken wird ausschließlich für den Eigengebrauch.
"Wir backen etwa 30 bis 40 Brote und wir sind immer so rund zehn Personen. Wenn ein Bäcker das so auf diese Art macht, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen - das kann ich mir nicht vorstellen, dass das finanziell tragbar ist. Mein Respekt vor dem Bäckerhandwerk ist gestiegen, seitdem ich hier selber Brot backe", erklärt Raymond Andres.
Nach dem Backen werden die Brote zum Auskühlen auf große Holzgitter ausgelegt, bevor die Teilnehmer ihr Tagwerk mit nach Hause nehmen. Der wunderbare Duft von frischgebackenem Brot zieht in die Nase. Neuling Thomas ist begeistert: "Das Ergebnis ist der Duft, das Aroma - und das Gefühl, an diesem Sonntag etwas Schönes gemacht zu haben."
Er käme auf jeden Fall wieder, sagt Thomas. Und so klingt ein Sonntag im "Lieresch Backes" in Mürringen erfolgreich aus.
Gudrun Hunold