Vorsichtig klopft die Referentin für Kulturerbe das gotische Wandgemälde an der Stirnseite der Kapelle ab. Mal klingt es fest, mal ist deutlich zu hören, dass hinter dem Putz ein Hohlraum ist. "Durch diese Feuchtigkeit in der Wand leidet die Wandmalerei. Sie kann bis zu einem gewissen Grad damit umgehen, aber nicht ewig", erklärt Tatjana Cormann. "Dann bilden sich halt Hohlstellen, also Luft und Lufträume zwischen der Mauer und dem Putz. Und dann hebt sich die Wandmalerei hoch und fällt ab."
Wandmalereien gelten als besonders wertvolles, aber auch besonders empfindliches Kulturgut. Diese Wandmalereien werden datiert auf zwischen 1515 und 1525 - sie sind 500 Jahre alt. Es ist die erste Bemalung, die vor 500 Jahren im ältesten Teil der kleinen Kapelle angebracht wurde. "Malereien gehören zum architektonischen Gesamtkonzept der Kirche. Im Mittelalter war es auch so, dass die Kirche erst als fertiggestellt galt, wenn die Bemalung fertig war. Und die mittelalterlichen Kirchen waren bunt", weiß Cormann. "Wir sehen hier halt noch einen Teil, einen Rest dieser mittelalterlichen Bemalung. Das gibt es sehr, sehr selten. Die Kapelle hat dieses Glück, das sie im 17. Jahrhundert noch einmal verändert worden ist, aber nicht im Wesentlichen. Wir stehen hier in einem mittelalterlichen Raum."
Nun sind diese Zeugen aus dem Mittelalter in Gefahr. Zwar wird die Kapelle in Krewinkel beheizt und auch belüftet. Aber: Die Wände sind feucht. Die Drainage muss erneuert werden. Schon bei der Restaurierung Mitte der 1990er Jahre hatte man den damaligen Gemeindeverantwortlichen mitgeteilt, dass eine Festigung der Malerei dringend geboten sei. Die fehlt bis heute.
Auch Bürgermeister Friedhelm Wirtz ist vor Ort und inspiziert die Wand. Für ihn ist das Projekt nicht dringend. "Der Gemeinderat von Büllingen hat bei der Haushaltsverabschiedung für das Jahr 2024 eben dieses Projekt nicht als prioritär angesehen, weil wir andere, größere Infrastrukturprojekte umzusetzen haben, sprich Kindergarten in Büllingen, sprich energetische Sanierung unserer drei Sporthallen. Wir wissen, dass diese Arbeiten in der Kapelle anstehen. Wir werden sie sicherlich in der Zukunft auch irgendwann in die Haushaltsplanungen mit einbeziehen."
In Eupen ist die Geduld der für Denkmalschutz zuständigen Ministerin offensichtlich am Ende. Für Isabelle Weykmans ist der Fall klar: Das Gesetz verpflichtet den Eigentümer des Denkmals, dieses zu erhalten. "Wenn man jetzt als Gemeinde sagt: Das lokale Kulturerbe sehen wir für uns nicht als relevant oder wichtig und damit verbunden eben kein Geld investieren möchte, dann ist das eine Entscheidung und dann nehmen wir das zur Kenntnis. Aber das ist etwas, was zum aktuellen Zeitpunkt nicht der Gesetzeslage entspricht. Die Gemeinde ist in der Verantwortlichkeit als Besitzer. Dem muss sie nachkommen und daran habe ich noch mal erinnert."
Anders gesagt: Die Gemeinde kann die Erhaltung der Wandmalerei nicht auf irgendwann verschieben. "Man muss auf jeden Fall handeln, weil wenn man das noch länger so belässt, dann wird die Malerei weitere Schäden nehmen", sagt Tatjana Cormann. "Grundsätzlich muss man ja sowieso das Denkmal und das Kulturerbe unterhalten und pflegen. Deshalb ist eine regelmäßige Überprüfung des Zustands hier eh notwendig."
Gudrun Hunold