Bei der vorigen Ratssitzung war der Verkauf des Konenbos und des Vrouwenbos bei Sint-Martens-Voeren und Sint-Pieters-Voeren zurückgezogen worden, weil es offensichtlich noch Informationsbedarf gab. Inzwischen hat es eine öffentliche Informationsversammlung gegeben.
Flämische Region tendiert zu naturbelassenem Wald
Der Konenbos ist schon seit 2011 ein Naturwald, für den die Gemeinde Büllingen von der Flämischen Region eine Entschädigung bekommt. Nach dem neuen flämischen Forstdekret hätte die Gemeinde Büllingen den Vrouwenbos selbst bewirtschaften müssen - mit der Aussicht, dass auch dieser Wald mehr und mehr die Form eines Naturwaldes einnehmen wird, mit dem Risiko, dort über kurz oder lang die Forstwirtschaft ganz einstellen zu müssen.
Die Einnahmen waren bisher bis zu 22.000 Euro im Jahr - die neuen Erwartungen liegen etwas darunter. "Uns sind die Hände gebunden", erklärte Forstschöffe Reinhold Adams, "an Dritte dürfen wir nicht verkaufen, sondern nur an die Flämische Region, die auch die Regeln aufstellt."
Für die Fläche (beider Wälder) von gut 780.000 Quadratmetern bietet die Flämische Region nun 2,3 Millionen Euro. "Wir haben den Spatz in der Hand statt die Taube auf dem Dach", bemühte Adams ein Bild, um die Entscheidung zum Verkauf der Waldungen zu begründen.
Bürgermeister Friedhelm Wirtz konnte nach dem Besuch einer Fachtagung in Flandern bestätigen, dass die Flämische Region ihr Forstdekret in dem beschriebenen Sinne umsetzen werde.
Dass der Büllinger Gemeinderat jetzt noch über einen Verkauf entscheiden dürfe, sei eine Ausnahme. Normalerweise hätte eine Entscheidung bis zum Ende des vergangenen Jahres erfolgen müssen. "Heute ist der letzte Termin, um diese Chance zu ergreifen", sagte Wirtz, "danach können wir nicht mehr daran rütteln."
Rocherather Ratsmitglieder: "Meinung geändert"
Martha Brüls erklärte, dass ihr dieses Thema anfangs "ganz gewaltig auf dem Magen gelegen" habe, als Ratsmitglied und als Rocheratherin. Sie habe sehr genaue Kenntnis von der ganzen Geschichte und vom Ankauf des Waldes durch die Altgemeinde Rocherath. Es habe sich auch sehr viel Unmut breit gemacht in der Bevölkerung, nach ihrem Empfinden "aber sehr wenig aus Rocherath, Krinkelt und Wirtzfeld".
Sie habe viele Gespräche geführt mit Rocherathern, die dem Verkauf positiv gegenüber gestanden hätten, darum habe auch ihre Meinung dazu sich geändert.
Auch Manfred Rauw hatte "zunächst große Skepsis, was den Verkauf anging". Der Ankauf durch die Altgemeinde Rocherath sei damals ein Glücksgriff gewesen und habe sich gelohnt, "aber wie bei anderen solchen Investitionen muss man aufpassen, dass man nicht den richtigen Zeitpunkt für den Absprung verpasst."
Auch sein Standpunkt habe sich "über die Monate gedreht", so dass er nach der Informationsversammlung und nach dem Austausch mit Bürgern aus Rocherath, die "auch sehr kritisch eingestellt" gewesen seien, dem Verkauf zustimmen könne.
Alexander Miesen: Verkauf ok, aber nachverhandeln
Alexander Miesen sprach von einer langen und emotionalen Geschichte, was die Waldungen in den Voeren betrifft. Er habe mit sich selbst auch lange gerungen. Es gebe Argumente für einen Verkauf und Argumente dagegen. Da nur die Flämische Region als Käuferin in Frage komme, sei der bleibende Wert des Waldes dahingestellt. Er sei für sich zu dem Schluss gekommen, dass die Argumente für den Verkauf überwiegen.
Gleichwohl finde er den Preis von drei Euro pro Quadratmeter "unterbezahlt", also "eigentlich zu wenig". So schlecht sei der bisherige Ertrag aus dem Wald in den Voeren nicht gewesen, wenn man den Nettoertrag hochrechne.
Er bleibe dabei, dass sich die Gemeinde Büllingen von der Flämischen Region nicht unter Druck setzen lasse. Miesen plädierte dafür, den Punkt nicht zu verabschieden und nachzuverhandeln. Außerdem finde er schade, dass die 2,3 Millionen Euro aus dem Verkauf in die Infrastruktur investiert würden. Er fände es besser, wenn das Geld im Sinne der früheren Gemeindeväter der Altgemeinde Rocherath rekurrent und nachhaltig angelegt würde. Aber mit dem Prinzip des Verkaufs sei er einverstanden.
Bürgermeister Wirtz erinnerte daran, dass in diesem Haushaltsjahr ein erhöhter Investitionsbedarf herrsche. Der künftige Gemeinderat könne sehr wohl entscheiden, die Mittel in einer späteren Phase wieder in den Wald zu investieren - oder beispielsweise in regenerative Energienutzung durch den geplanten Windpark. Reinhold Adams griff den Faden auf, indem er auf die notwendigen Investitionen hinwies, um den Wald widerstandsfähiger zu machen - das Geld werde also zwangsläufig reinvestiert.
Rainer Stoffels: Verhandlungsposition wird nicht schlechter
Rainer Stoffels sah das Kriterium der Wirtschaftlichkeit im Vordergrund und fand ebenfalls, dass die Gemeinde Büllingen sich nicht unter Druck setzen lassen solle. Die Flämische Region stehe ihrerseits unter großem Druck, mehr Flächen zu bewalden. "Die kommen der Sache gar nicht nach", so Stoffels.
Darum könne man sich ausmalen, dass die Verhandlungsposition der Gemeinde Büllingen sich verbessern werde. Er glaube auch nicht, dass die Gemeinde Büllingen in den nächsten Monaten vor einem Liquiditätsproblem stehe. Er sei prinzipiell mit dem Verkauf einverstanden, plädiere aber ebenfalls dafür, noch abzuwarten.
Friedhelm Wirtz erinnerte daran, dass die Verhandlungen ja schon seit Langem liefen. Für Büllingen sei eine Ausnahmeregelung getroffen worden, weil sie als Waldbesitzerin nicht zur Flämischen Region gehöre. "Ich glaube, die Situation ist ausgereizt und die Fachleute sagen uns, wir sollen das Angebot akzeptieren", fügte er an.
Wenn die anstehenden Investitionen in die Infrastruktur jetzt nicht umgesetzt würden, dann bestehe aufgrund der zu erwartenden SEC-Normen das Risiko, dass es in absehbarer Zeit keine vergleichbaren Zuschüsse mehr dafür gebe.
Mit zehn Ja-Stimmen genehmigte der Gemeinderat den Verkauf der Büllinger Waldungen in den Voeren an die Flämische Region. Alexander Miesen, Rainer Stoffels und Sandra Josten stimmten dagegen.
"Preisexplosion existenzbedrohend für Landwirte"
In einem weiteren Punkt genehmigte der Gemeinderat mehrheitlich die Versteigerung von 269.700 Quadratmetern Agrarland für insgesamt 1,5 Millionen Euro. Es handelt sich um Land, das von zwei Landpächtern unrechtmäßig weiter bewirtschaftet wurde. Der Gemeinderat hatte daraufhin beschlossen, es über die Online-Plattform Biddit versteigern zu lassen.
Rainer Stoffels hatte auch dazu eine gesonderte Informationsveranstaltung angeregt, wofür das Gemeindekollegium aber keinen Grund sah. Nun sehe man die enormen Preise, die bei der Online-Versteigerung erzielt wurden. Diese "Preisexplosion" sei positiv für die Gemeindekasse, so Stoffels, sie verursache aber "eine relativ existenzbedrohende Situation für landwirtschaftliche Familienbetriebe".
Es handele sich bei der veräußerten Fläche zwar keineswegs um einen "Ausverkauf" der Gemeinde Büllingen. Aber durch die Versteigerung sei die Gemeinde Motor geworden für eine solche bedrohliche Entwicklung. Indem er gegen den Verkauf stimme, wolle er "ein Zeichen setzen, dass künftig nicht weiter Gemeindepachtland in dieser Weise verkauft" werde.
Damit erklärte sich Landwirtschaftsschöffe Michael Schmitt absolut einverstanden: Der vorliegende Verkauf sei die Ausnahme. Martha Brüls schätzte ebenfalls ein, dass es eine einmalige Sache bleibe.
Bürgermeister Wirtz erklärte, wie bei den Waldungen in den Voeren habe auch in diesem Fall ursprünglich niemand daran gedacht, das Land zu veräußern. Auslöser sei die verfahrene Situation mit den Landpächtern dieser Flächen gewesen.
Rainer Stoffels, Alexander Miesen und Sandra Josten stimmten auch hier gegen den Verkauf.
Stege um den Bütgenbacher See werden erneuert
Die Stege auf dem Wanderweg rund um den Bütgenbacher See werden erneuert. Die Provinz Lüttich gibt dafür einen Zuschuss in Höhe von 45.000 Euro, der zu einem Drittel der Gemeinde Bütgenbach und zu zwei Dritteln der Gemeinde Büllingen zugute kommt. Auf dem Gebiet der Gemeinde Büllingen müssen die Holzstege ersetzt werden, die "sehr unterhaltsanfällig und kostenintensiv" seien, wie Schöffe Reinhold Adams in Vertretung von Wolfgang Reuter erklärte.
Der Zuschuss werde vor allem für das Material genutzt, die Gemeinde übernehme die Arbeiten in Eigenregie. Dabei sei die Forstverwaltung der Gemeinde insofern entgegen gekommen, als der längere Holzsteg auf Wirtzfelder Seite von mehr als 200 Metern Länge auf 30 bis 40 Meter verkürzt werden könne und zu einem großen Teil durch einen Pfad mit einem naturbelassenen Belag ersetzt werde. "Das drückt die Kosten erheblich", freute sich Reinhold Adams. Der Gemeinderat stimmte diesem Punkt geschlossen zu.
Stephan Pesch