Gedacht ist die Prämie für Geschäftsleute, die sich in leeren Ladenlokalen einrichten oder ihr Geschäftsmodell neu ausrichten, um sich etwa auf neue Marktsegmente zu konzentrieren, mögliche Nischen zu füllen oder ihr Angebot zu diversifizieren - auf dem gesamten Gebiet der Gemeinde.
Dafür soll es von der Stadt St. Vith bis zu 3000 Euro geben können - rückwirkend ab dem 1. Januar 2023. Über die Anträge soll eine Jury befinden, der Vertreter von Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Mittelstandsvereinigung und Fördergemeinschaft angehören.
Kreins: "Pferd von hinten aufgezäumt"
Für Erik Solheid ist das "an sich eine tolle Sache". Nur sei in den Kriterien "vieles doch sehr vage und abenteuerlich formuliert". Auch Leo Kreins vermutete bei dieser Prämie, die "aus dem Hut gezaubert" worden sei, ein "Hauruckverfahren vor den Wahlen". Das Pferd werde von hinten aufgezäumt, da doch die Ergebnisse einer Studie zur Wirtschaftsdynamik noch nicht ausgewertet worden seien.
Schöffe Marcel Goffinet konnte ihn "beruhigen", die offenen Fragen würden geklärt. So habe gerade die WFG viel Erfahrung in diesen Dingen. Die angesprochene Studie sei auch viel umfassender und beziehe etwa Fragen nach der Mobilität oder nach neuen Marktsegmenten ein.
Die eigene Prämie trete auch nicht in Konkurrenz zu dem wallonischen Aufruf "Objectif Proximité" ("Alles in Reichweite") - sie komme praktisch obendrauf, "on top".
Leo Kreins sah gleichwohl "der Willkür alle Türen geöffnet", wenn alleine die Jury darüber befinde, welche Form von Läden in den Genuss der Prämie komme. Er beantragte, den Tagesordnungspunkt zurückzuziehen und zu überarbeiten. Zur Überraschung der Opposition schloss sich der ganze Stadtrat diesem Vorschlag an.
Später bot Werner Henkes noch die "Hilfe" der Minderheitsfraktionen im Stadtrat bei der Auswertung der Studie zur Wirtschaftsdynamik an. Bürgermeister Herbert Grommes nahm das dankend an und hoffte auf eine "konstruktive" Mitarbeit.
Schlagabtausch zum Stromeinkauf
Zu einem längeren Schlagabtausch zwischen Herbert Hannen und dem Energieschöffen Marcel Goffinet kam es bei der Frage nach der erneuten Teilnahme der Stadt St. Vith am Sammeleinkauf der Provinz Lüttich für Strom - für die Jahre 2025 bis 2027.
Hannen hatte dazu eine ausführliche Stellungnahme vorbereitet. Er hielt der Mehrheit vor, sich nicht an ihre eigenen Grundsätze zu halten, ausschließlich grünen Strom für den Eigenbedarf zu nutzen und lokal einzukaufen. "Folgen wir dieser Vorlage, kaufen wir keinen echten grünen Strom ein, wir unterstützen die heimische Wirtschaft nicht und tragen auch damit nicht zum Klimaschutz bei", so Hannen. Bei dem Auftragsvolumen von circa 40 Millionen Euro hätten regionale Anbieter nämlich keine Chance.
Schon 2021 habe sich die Gemeinde St. Vith dem Sammeleinkauf der Provinz angeschlossen in der Hoffnung, die besten Preise zu erzielen. Hannen hatte schon damals empfohlen, den gleichen Weg zu gehen wie die Gemeinden Bleyberg und Welkenraedt, d.h. den Einkauf selbst auszuschreiben. Er wollte nun wissen, wie hoch der Stromverbrauch für St. Vith war und wie sich der Preis entwickelt habe - im Vergleich zu den beiden genannten Gemeinden.
Hier lagen ihm offensichtlich andere Informationen vor als Marcel Goffinet, der beteuerte, die Bedingungen sehr wohl überprüft und auch mit anderen Stromlieferanten gesprochen zu haben. Beide kamen nicht auf einen Nenner - letztlich stimmte der Stadtrat mehrheitlich für die Teilnahme am Sammeleinkauf der Provinz, bei sieben Gegenstimmen und einer Enthaltung.
Gemeindedotation: Alle Parameter berücksichtigen
In der Fragestunde wollte Leo Kreins von Bürgermeister Herbert Grommes wissen, wie er zur Forderung seines Kelmiser Kollegen stehe, die Gemeindedotationen neu berechnen zu lassen.
Grommes erklärte, die Resolution aus Kelmis sei unter den Bürgermeisterkollegen nicht abgesprochen gewesen. St. Vith sei "auf gar keinen Fall fragende Partei", wenn es darum gehe den bestehenden Verteilerschlüssel zu ändern. Wenn Kelmis auf die eigenen Nachteile und auf die Vorteile anderer Gemeinden verweise, müsse man auch in Betracht ziehen, dass St. Vith unter anderem für 14 Kirchen, zehn Schulen und hunderte Kilometer an Gemeindewegen Verantwortung trage.
Der viel zitierte Holzverkauf sei in St. Vith zwar noch wichtig (in der Rechnungsablage schlug er mit mehr als 1 Million Euro zu Buche), angesichts der zwingenden (und kostenintensiven) Umwandlung der Wälder würden diese Beträge aber zwangsläufig sinken und steige dafür der Erholungswert des Waldes.
"Sich um die Einnahmen der anderen kümmern, ist eine Sache", konnte sich Herbert Grommes einen Seitenhieb gegen seinen CSP-Kollegen Luc Frank nicht verkneifen: "Ebenso wichtig ist es aber, sich die eigenen Ausgaben anzuschauen." St. Vith habe gut gewirtschaftet und systematisch investiert - laut Rechnungsablage 2023 ist die Gemeinde mit einem Schuldenstand von 281.000 Euro "quasi schuldenfrei".
Gleichzeitig müsse aber die Frage erlaubt sein, ob der Gemeindefonds nicht aufgestockt werden müsse angesichts zusätzlicher Herausforderungen bei der Finanzierung der Polizeizone, der Hilfeleistungszone oder den steigenden Verantwortlichkeitsbeiträgen für die Pensionen. "Wie ein solcher Zusatzfonds aussehen würde, das müsste dann diskutiert werden", räumte Herbert Grommes ein. Stoff für die nächste Bürgermeisterversammlung.
Stephan Pesch