Jérôme Gennen und Christian Goffin begutachten ein Versuchsfeld in Walhorn. Im Herbst wurde hier neu eingesät. Man kann ganz gut erkennen, dass hier unterschiedliche Gräser wachsen. Der Direktor von Agra-Ost greift beherzt ins Grün und zeigt, was da auf dem Speiseplan der Kühe stehen würde, wenn hier gemäht werden dürfte. "Das ist das Ray-Gras. Dann haben wir wieder Festulolium drin. Dann haben wir Löwenzahn drin", erklärt Jérôme Gennen. "Löwenzahn ist von der Futterqualität nicht unbedingt gleichwertig zu den Gräsern, enthält aber Bitterstoffe, was für die Kühe den Appetit fördert und Mineralien liefert."
Seit 1985 erforscht das Zentrum für landwirtschaftliche Forschung und Ausbildung Saatgut für ostbelgische Grünflächen. Die Sorten werden eingekauft und im Freiland getestet, sie werden nicht hier entwickelt. "Hier machen wir jedes Jahr einen neuen Versuch. Insgesamt haben wir zwölf Standorte. Verteilt vom Eupener Land bis runter nach St. Vith und rauf bis Manderfeld und Andler", erklärt Gennen. "Wir versuchen, das Territorium abzudecken, um möglichst viele unterschiedliche Bedingungen zu testen. Es gibt Standorte, die sind trockener, steiniger. In der Menge hat man dann eine Empfehlung, die für jeden Standort passen müsste. In der belgischen Sortenprüfung werden die Versuche mit mehr Detail geführt."
Die Landwirte wollen wissen, welches Saatgut auf unseren Böden funktioniert. Fehlgriffe können sie sich nicht leisten - zwischen 600 und 700 Euro kostet es, eine Fläche neu einzusäen. "Von diesen Ergebnissen haben wir Mischungen gemacht und damit hat der Landwirt immer die Garantie, dass die passen. Die sind für seine Gegend getestet", erklärt Grünland-Berater Christian Goffin.
Zehn Standardmischungen gibt es. Daraus können die Landwirte wählen, abhängig von Lage, Viehhaltung und Fütterung. Darin gibt es Gräser, die der Dürre lange widerstehen können, aber dann auch lange brauchen, bis sie sich erholen. Und es gibt Sorten, die trocknen schnell aus - und erholen sich ebenso schnell. Beides ist interessant. Die Mischung macht's.
Erst nach drei Jahren auf einem Versuchsfeld spricht Agra-Ost eine Empfehlung aus - oder eben nicht. Dabei kommt in Ostbelgien nur Saatgut in den Praxistest, das bereits bei den deutschen Partnern erste Testphasen gut überstanden hat. Die Erfahrungen tauschen sie aus mit den Partnern in Deutschland, aber auch in Belgien, Luxemburg und Frankreich.
Eine Erkenntnis: Saatgut, das erst spät aufgeht, ist nicht mehr interessant. "Mit der Klimaänderung haben wir gemerkt, die Spätsorten sind zu spät. Früher haben wir in den Ardennen viel mit Spätsorten gearbeitet. Aber früher haben wir auch viel später mit mähen begonnen. Jetzt mähen wir früher, die Spätsorten sind zu spät", weiß Goffin.
Eine gute Grünlandmischung ist reich an Proteinen und Zucker. Da braucht es kein zusätzliches Kraftfutter, sagen die beiden Experten. Und damit das Viehfutter auch künftig regional bleibt, forschen sie weiter an den besten klimaresistenten Sorten.
Gudrun Hunold