Die Brisanz zeigte sich auch daran, dass zu der Gemeinderatssitzung (anders als sonst) zwei Dutzend Zuhörer gekommen waren. Gleich zu Beginn war die Luft aber raus, denn Bürgermeister Friedhelm Wirtz schlug dem Rat vor, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen.
Er und die Schöffen seien in den vergangenen Tagen vermehrt zu dem Punkt befragt worden. Gewisse Mitteilungen hätten auch für Irritationen gesorgt.
Innerhalb kurzer Zeit werde darum eine Informationsversammlung anberaumt, damit alle, die daran interessiert sind, hinkommen können.
Miesen: "Gut beraten, sich Zeit zu nehmen"
Alexander Miesen pflichtete dem Bürgermeister bei. Es gebe Informationsbedarf und es sei nötig, "die Kontroverse aus dem Raum zu bekommen". Außerdem handele es sich aus seiner Sicht "um einen grundlegenden Beschluss mit größerer Tragweite".
Es gebe in der Politik ein ungeschriebenes Gesetz, dass solche Beschlüsse nicht mehr von dem scheidenden Rat gefasst würden. Der Gemeinderat sei "gut beraten", sich diese Zeit zu nehmen und sich nicht unter Druck setzen zu lassen - auch nicht von der Flämischen Regierung als der anvisierten Käuferin.
Der Büllinger Gemeinderat beschloss einstimmig, den Prinzipbeschluss über die Veräußerung des Konenbos und des Vrouwenbos in Sint-Martens-Voeren und Sint-Pieters-Voeren an die Flämische Gemeinschaft von der Tagesordnung zu nehmen.
Geld aus dem Waldverkauf nur in den Wald?
Für Kopfschütteln sorgte im Büllinger Gemeinderat die Auflage des wallonischen Forstdekrets, die Summe aus der schon erfolgten Online-Versteigerung eines Waldstücks bei Merlscheid zwingend wieder in den Ankauf von Waldungen zu investieren. Schöffe Reinhold Adams kommentierte das mit den Worten: "Wir sind zwar Eigentümer unserer Wälder, dürfen damit aber noch lange nicht tun, was wir wollen."
Alexander Miesen beschrieb die Situation als absurd: Die Gemeinde habe die Idee gehabt, Wald zu verkaufen, um ihre Infrastrukturpolitik zu finanzieren, und jetzt sei die Regionalministerin nur mit dem Verkauf einverstanden, wenn das Geld zurück in den Wald gesteckt werde.
Diesmal pflichtete Bürgermeister Wirtz ihm bei. Mit der Forstverwaltung habe es im Vorfeld des Verkaufs die Absprache gegeben, dass diese Summe nach und nach in den Waldumbau fließe, "gestreckt über längere Zeit", aber nicht auf einen Schlag für Waldgrundstücke, die ja erst einmal auf dem Markt sein müssten. Letztlich handele es sich aber um eine Formalie. Der Gemeinderat müsse dem zustimmen, sonst sei der Verkauf blockiert.
Das sah Alexander Miesen dann wiederum anders. Er, Rainer Stoffels und Sandra Palm-Josten stimmten gegen diesen "Prinzipbeschluss über den Ankauf von Privatenklaven mit waldbaulichem Nutzen".
Auflagen machen Bauhof deutlich teurer
Beim geplanten Neubau des Bauhofes Büllingen kommen auf die Gemeinde deutlich höhere Projektkosten zu. Grund sind Auflagen der Raumordnungsbehörde in Eupen.
Wie Bauschöffe Wolfgang Reuter erklärte, geht es um Mehrausgaben wegen der Auflagen der Bodenversickerung, um eine vorgeschriebene Holzfassade statt der geplanten Blechverkleidung und um ein Gründach, was wegen der Anpassung für die Statik mit mehr als 200.000 Euro zu Buche schlage. Die Gemeinde habe in diesen Fragen eine Vorbildfunktion zu erfüllen, heiße es aus Eupen. Darum werde die Gemeinde auch mit Nachdruck die Deutschsprachige Gemeinschaft bitten, dass die durch diese Auflagen verursachten Kosten bezuschusst werden.
Insgesamt belaufen sich die Mehrkosten auf mehr als 400.000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) - den Wert eines Einfamilienhauses, wie Rainer Stoffels bemerkte. Das Projekt müsse darum ganz neu geplant und "in adäquater Manier der Rotstift angesetzt" werden: "Diese Kostenexplosion können wir uns schlichtweg nicht leisten."
Friedhelm Wirtz sagte, es sei immer willkommen, Einsparpotenzial auszumachen, was mitunter auch bei der Ausführung eines Projekts möglich sei. Wenn das Projekt aber grundlegend in Frage gestellt werde, beginne die ganze Prozedur von vorne. Und dann werde die Gemeinde Büllingen möglicherweise nicht mehr auf die zugesagten Fördermittel zurückgreifen können.
Er sehe jedenfalls keine Alternative. Manfred Rauw ergänzte, dass die Bedenken von Stoffels dann schon früher hätten erfolgen sollen. Und Bauschöffe Wolfgang Reuter erinnerte daran, dass seit dem Beschluss des Gemeinderates bis zur Genehmigung mehr als ein Jahr vergangen sei.
Das abgeänderte Projekt zum Neubau des Bauhofes wurde schließlich mit elf Ja-Stimmen gegen die Stimmen von Rainer Stoffels, Alexander Miesen und Sandra Palm-Josten gutgeheißen.
Stephan Pesch
Ein Erwachen hat stattgefunden.