Tagesordnungspunkt sieben des Gemeinderats in Büllingen diesen Donnerstag besagt: "Prinzipbeschluss über die Veräußerung des Konenbos und des Vrouwenbos, gelegen in Sint-Martens-Voeren und Sint-Pieters-Voeren, an die Flämische Gemeinschaft". So las es der Viehhändler Michael Schmitz aus Berterath - und es ärgerte ihn.
Das brachte das Fass zum Überlaufen, "denn wir erhalten vierteljährlich eine Broschüre in alle Haushalte, was ich sehr gut finde. Dort wird mittlerweile über gefühlt jedes ausgebesserte Schlagloch berichtet. Aber über solche Dinge wird da nicht berichtet? Da fehlt einfach die Transparenz in meinen Augen."
Nun ja, fragt sich der eine oder andere: zwei Waldstücke in Voeren, noch dazu unter Naturschutz - betriebswirtschaftlich gesehen vielleicht keine schlechte Idee, die Flurstücke zu verkaufen und das Geld in der Gemeinde zu reinvestieren? Aber wenn man sich die Kommentare der Unterzeichner von Michael Schmitz' Petition ansieht, dann wird auch klar: Die Gemeindeverantwortlichen machen die Rechnung vielleicht ohne die Bürger.
Denn bei Grund und Boden rechnen viele Ostbelgier anders. "Es sind unsere fleißigen Vorfahren der Altgemeinde Rocherath, die 1977 zur Großgemeinde Büllingen hinzugekommen ist, die sich durch ihren Fleiß diese rund 70 Hektar Wald erarbeitet haben. Also ist es in meinen Augen nicht nur ein materieller Wert, sondern auch ein emotionaler Wert. Der Verkauf bedeutet ein Verschulden an unseren Vorfahren, aber in einem Atemzug auch die Verschuldung an den nächsten Generationen. Die werden nicht den Ertrag davon haben, den wir momentan haben."
Rechtlich ist die Gemeinde auf der sicheren Seite. Die Grundstücke werden auf der Webseite Biddit notariell versteigert. Die Angebote sind anonym, das beste Angebot erhält den Zuschlag. So wird Vetternwirtschaft vorgebeugt. Aber das Risiko ist groß, dass das Land eben nicht an lokale Landwirte geht. Agrarland verkaufen, das ist für Michael Schmitz grundsätzlich nicht in Ordnung - ganz abgesehen vom Rechtsrahmen.
Spekulationsobjekt
Das Agrarland werde zum Spekulationsobjekt, so Schmitz. Der Verkauf im Oktober habe die Preise bereits in die Höhe getrieben - das Ackerland werde für Junglandwirte unerschwinglich. "Man hatte immer eine ungefähre Preislage im Bereich von 8.000 bis 12.000 Euro pro Hektar hier in der Gemeinde Büllingen - bedingt durch die höhere Lage, kann man halt fast ausschließlich Grünland machen."
"Und jetzt muss man sich so vorstellen: Eines Tages möchte der junge Sohn oder die Tochter das Land und muss aber irgendwie die Geschwister ausbezahlen. Jetzt sind da 20 Hektar Eigentum und man hat drei oder vier Geschwister. Was wäre denn, wenn jetzt wie im letzten Oktober der Verkauf bis 50.000 Euro pro Hektar geht? Wenn man jetzt einen Familienpreis machen will, sagen wir 40.000 Euro. 20 Hektar an 40.000 Euro, das sind 800.000 Euro. Wo kämen wir denn hin?"
Das kann kein Junglandwirt stemmen, sagt Schmitz. Nicht zu vergessen: Auch ein laufender Betrieb benötigt ständig neue Investitionen. Die Gemeinde arbeite gegen die Landwirte. "Sie betreibt eine Preispolitik, die nicht im Sinne der Landwirtschaft ist. Es wird nicht nachhaltig gearbeitet und weitsichtig gehandelt. Sie fördern nicht die nachhaltige und weitsichtige Landwirtschaft. Es ist sogar das Gegenteil der Fall. Es wird eher dagegen gearbeitet mit dieser Preispolitik."
Am Mittwoch will sich der Bürgermeister zu den Vorwürfen im Rahmen einer Pressekonferenz äußern. Für Michael Schmitz ist nur wichtig, dass die Gemeinde offener und besser kommuniziert und das Land der lokalen Landwirtschaft erhalten bleiben kann. Ein kommunalpolitisches Engagement schließt er aus: Er lasse sich vor keinen Karren spannen.
Gudrun Hunold
Nicht nur Agrarland ist Spekulationsobjekt. Auch Bauland. Auch Bitcoins, Aktien, Obligationen, Kunstwerke, etc.
Der Verkauf von Gemeindeeigentum an sich ist nicht die große Problematik, sondern die Frage, wie der Erlös verwendet wird. Er sollte zum allgemeinen Nutzen verwenden werden, zum Beispiel Straßen, Wasserleitungen. Aber nicht, um Kirchen oder Turnhallen zu bauen. Die benutzt nicht jeder.
Vielleicht besser einige Kirche verkaufen, bevor man anderes Eigentum veräußert. In der heutigen Zeit ist es meiner Meinung nach nicht mehr zu rechtfertigen, dass Steuergelder verwendet werden für Kirchengebäude, weil diese nur noch von einer Minderheit benutzt werden.
Die ganze Diskussion sollte man vernünftig ohne Emotionen führen. Alles durchrechnen und dann urteilen.