Während sechs Wochen etwa schauen Annegret Riemer und Robert Schmetz regelmäßig nach den Sammelstellen, die sie entlang der Landstraße von Astenet nach Hergenrath angelegt haben. Denn die Landstraße liegt zwischen den Kröten und ihrem Zielort, dem Weiher genau neben der Straße. Entlang der Fahrbahn wurden rund zehn Zentimeter tiefe Gräben ausgehoben. Eine Plane wurde eingesetzt, so dass die Kröten gezwungen sind, sich entlang der Plane einen Weg zu suchen. In regelmäßigen Abständen sind Eimer in den Boden eingelassen. Dort hinein plumpsen die Kröten - vor allem in der Nacht. Dort sammeln die ehrenamtlichen Krötenhelfer sie auf und tragen sie sicher über die Straße.
"Die Kröten haben keine Chance hier", erklärt Annegret Riemer. "Die folgen ihren Instinkten und gehen zum Laichgewässer zurück. Also da, wo sie auch geboren wurden. Ob da eine Autobahn liegt oder ein Feldweg - die überqueren diesen Weg und lernen auch nicht, dass sie auf einer Straße in Gefahr sind."
Es regnet an diesem Morgen - bestes Reisewetter für die Kröten. Entsprechend voll sind die Eimer. Die beiden Krötensammler tragen ihren Eimer über die Straße. An einer seichten Uferstelle des Weihers holen sie die Tiere vorsichtig aus dem Eimer und setzen sie aus.
Die Helfer tragen Handschuhe - aus gutem Grund. "Die Kröten haben in ihrer Haut Bitterstoffe. Das sind kleine Gifte, vergleichbar mit dem Gift des Fingerhutes. Man sollte sich also, wenn man welche angefasst hat, nicht an Mund oder Augen gehen und nachher auf jeden Fall die Hände waschen. Es ist nichts Gefährliches", erklärt Annegret Riemer. "Auch die Kaulquappen sind etwas giftig, so dass sie eben nicht von allen Tieren gefressen werden."
Die Ehrenamtlichen zählen die Tiere. Sie notieren Anzahl, Geschlecht, Entnahmestelle und Wetterdaten. So kann die Entwicklung der Population pro Standort beobachtet und verglichen werden.
In diesem Jahr finden sie viele Paare und junge Tiere. Das sind gute Nachrichten. Der Trend ist es nicht. Insgesamt ist die Anzahl der Amphibien deutlich zurückgegangen. "Das kann sehr viele Gründe haben, vor allen Dingen die trockenen Sommer. Die setzen den Amphibien sehr zu", weiß Annegret Riemer. "Viele machen sich dann gar nicht auf den Weg. Die Weibchen produzieren 3.000 bis 8.000 Eier, die brauchen so viel Energie und wenn sie die nicht haben, auch nicht ausreichend Nahrung gefunden haben in den trockenen Sommern, dann gehen die gar nicht los und dann fehlen ganze Populationen. Fressfeinde kommen natürlich auch dazu. Die Waschbären richten geradezu Massaker an unter Kröten. Es gibt viele, die von Kröten leben."
Das Verschwinden von Kröten, Fröschen und Molchen würde ein empfindliches Loch in die natürliche Nahrungskette reißen. Denn sie sind auch wichtige Beutetiere für vielerlei Vögel, Reptilien und Säugetiere. So hat jede einzelne Art ihre Bedeutung im Ökosystem - und muss entsprechend erhalten bleiben, damit kein Loch in der Nahrungskette entsteht.
Für Robert Schmetz ist das genug Motivation, früh morgens bei Regen an der Landstraße zu stehen. Nur wenige Autofahrer nehmen wirklich Rücksicht auf Tier und Mensch - trotz der Schilder. "Das schöne Wort, was ich jetzt oft gebraucht habe, ist Biodiversität. Das ist natürlich das Wichtigste. Und das ist der Kreislauf, der durchbrochen wird, wenn viele Kröten sterben. Es geht uns hauptsächlich darum, kein Loch im System zu haben. Und das passiert immer wieder."
Und so freuen sich Annegret Riemer und Robert Schmetz über jede Kröte, die ihren Weg in den Weiher findet (und über weitere freiwillige Helfer: robimonischmetz@gmail.com).
Gudrun Hunold