Vier statt drei Studienjahre bis zum Lehramtsbachelor. Das soll keine Strafe sein, sondern künftigen Lehrern und Kindergärtnern mehr Rüstzeug mit auf den Weg geben. Denn die Anforderungen an den Lehrerberuf steigen laut Unterrichtsministerin Lydia Klinkenberg ständig: "Die Lehrerinnen und Lehrer begegnen sehr vielen Herausforderungen in unseren Schulen. Schule ist nun mal ein Spiegelbild der Gesellschaft. Um diesen Herausforderungen besser begegnen zu können, reformieren wir die Lehrergrundausbildung und verlängern sie um ein Jahr."
Die erforderlichen Kompetenzen seien in einem dreijährigen Studium nur schwer zu vermitteln. Die Beobachtung und Analyse von Lernergebnissen und die individuelle Förderung der Schüler bei zunehmender Diversität erfordern mehr Zeit im Studium, so die Ministerin. "Die Profile der verschiedenen Schülerinnen und Schüler haben sich sehr verändert. Wir spüren, dass in den Schulen mehr Heterogenität existiert: Kinder mit Migrationshintergrund, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen, zunehmende Verhaltensauffälligkeiten, besonderer Förderbedarf. Das sind alles Herausforderungen denen Lehrer und Lehrerinnen begegnen müssen. Gleichzeitig sind die Erwartungen der Eltern und der Schulleitung gestiegen. Auch darauf müssen wir eine Antwort geben."
Ein zentrales Element der Reform ist die Ausweitung von Praktika. Sie werden ab 2025 ein Viertel des Studienprogramms (60 von 240 ECTS) ausmachen. Diese ausgedehnten Praxisphasen unter Aufsicht der AHS-Ausbilder und Schulen, sollen die angehenden Lehrpersonen unterstützen und zu einem leichteren Berufseinstieg beitragen: "Unser Ziel ist es, dass wir durch den erhöhten Praxisanteil, die Lehrer und Lehrerinnen sich bestmöglich vorbereitet fühlen auf den Beruf nach dem Studium. Und genau das wird meines Erachtens auch dazu führen, dass längerfristig die Attraktivität der Lehrergrundausbildung sich steigern wird."
Ein weiterer Schwerpunkt ist die verstärkte Vermittlung von Inhalten im Bereich Französisch. Für die angehenden Lehrer geht es aber auch um eine ganze Reihe weiterer Kompetenzen, die über das fachdidaktische hinausgehen. So zum Beispiel um Strategien zur Zeit- und Arbeitseinteilung oder zum Umgang mit Stress.
Die Autonome Hochschule hat dazu ein Kompetenzprofil entwickelt, das mehr als nur ein Leitfaden ist. "Im Team mit den Dozierenden der Autonomen Hochschule sowie mit externen Experten haben wir uns seit einigen Jahren die Frage gestellt, welches die Kompetenzen sind, die Lehrkräfte zukünftig aufweisen müssten. Diese Kompetenzen haben wir gebündelt. Sie stellen aktuell die Struktur des aktuellen Studiums dar", erklärt Cathérine Mattar, die Leiterin des Fachbereichs Bildungswissenschaften an der Autonomen Hochschule Ostbelgien.
Die Reform sei kein Selbstzweck sondern logische Konsequenz, stellt die Unterrichtsministerin klar. Ein dreijähriges Studium für den Primarschullehrerberuf sei längst kein Standard mehr, so Klinkenberg.
"Die OECD hat das analysiert und festgestellt, dass nur noch fünf von 35 Ländern noch mit einer dreijährigen Ausbildung arbeiten. Alle anderen arbeiten bereits mit einer vierjährigen Ausbildung. Das bedeutet allerdings nicht, dass es einfach ausreicht, die Studiendauer zu verlängern. Gleichzeitig muss man natürlich auch die Qualität der Ausbildung in den Fokus nehmen. Und genau das tun wir ja."
Kritisch könnte es angesichts des Fachkräftemangels im Schuljahr 2027-2028 werden. Denn die ersten Teilnehmer des vierjährigen Studiengangs werden erst im Juni 2029 ihren Abschluss machen. Ein Jahr lang wird also kein Absolvent der Autonomen Hochschule von den Primarschulen eingestellt werden können.
Manuel Zimmermann
Die Lehramtsausbildung auf 4 Jahre zu verlängern, ist wohl auf Dauer sinnvoll (Auch wenn die Ministerin vor nicht allzu langer Zeit laut verkündet hat, dass auch 3 Semester vollkommen ausreichen, wenn man vorher einen Bachelor in Buchhaltung, Biochemie oder Kunstgeschichte oder... gemacht hat). Auch die Aufstockung des Praxisanteils ist sicher zu begrüßen.
Was aus meiner Sicht in den Kompetenzprofilen allerdings vollkommen fehlt, ist die Elternarbeit! Diversität ist wichtig, andere Akteure in den Bildungsprozess einbeziehen ebenfalls, aber die Erziehungsberechtigten und der Kontakt und Umgang mit ihnen sollten doch, neben den methodischen und didaktischen Kompetenzen, eine zentrale Rolle einnehmen (ob uns Lehrkräften das immer passt oder nicht). Von daher ist es für mich unverständlich, dass diesem Teil des Schullebens nicht mehr Raum gegeben wird.
Mann hört im Interview der Unterrichtsministerin von Unterichtsanforderungen! Daß zbsp. Schüler der Unterrichtssprache nicht mächtig sind! Viele
praktizierende Lehrer in der DG
sind aber der Anforderungen im Unterricht in deutscher Sprache zu unterrichten nicht mächtig! Das ist natürlich dem Lehrermangel
geschuldet! Die Konsequenz ist dann wohl, das nach der
Verlängerung der Ausbildung die
Lehrer mit den nötigen
Sprachkompetenzen die Schulen noch ein Jahr länger warten
müssen, bis dieser Missstand
halbwegs gelindert wird!
Hochintelligente Schüler, schlaue Schüler, normale Schüler, Schüler mit Unterstützungsbedarf, Schüler mit schlechten Kenntnissen der deutschen Sprache.... und alle in der gleichen Klasse. Das ist anscheinend die öffentliche Meinung. Dass dabei entweder die guten Schüler zu wenig gefördert werden oder die schlechten Schüler keine Chance haben, müsste jedem klar sein. Dabei hilft die beste Ausbildung nichts. Ein Lehrer kann sich nicht durch zwei (oder drei) teilen !!!!!
An verschiedenen DG-Schulen arbeiten derzeit vermehrt selbsternannte Lehrerinnen und Lehrer, die Mathematik, Deutsch usw. unterrichten, und die selber gerade mal über ein Abiturdiplom oder bestenfalls eine fachfremde Ausbildung verfügen.
Wahrscheinlich sagt man sich, dass jede(r) dieser Lehrerinnen und Lehrer irgendwann einmal Mathe und Deutsch in seiner eigenen Schulzeit hatte und es sie daher befähigt diese Fächer zu unterrichten.
Warum sollte man also 3-4 Jahre studieren, wenn es auch ohne geht?
Wann endet diese Irrfahrt?