Der diesjährige Karlspreisträger steht fest. Es ist der Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt. Der 59-Jährige wurde in der Schweiz geboren und begann schon früh mit seinen rabbinischen Studien. Sie führten ihn nach Israel, Amerika und Jerusalem. Danach war Pinchas Goldschmidt vorerst Rabbiner in Israel.
Mit 26 Jahren führte es ihn dann nach Russland, in die damalige Sowjetunion, um dort das jüdische Leben zu unterstützen. Pinchas Goldschmidt wurde nur wenige Jahre später zum Oberrabbiner von Moskau gewählt. Zudem arbeitet er als Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner und ist Mitbegründer des europäischen Muslim-Jewish Leadership Council.
Nun wird er mit dem Karlspreis ausgezeichnet und mit ihm auch alle jüdischen Gemeinschaften Europas. Das Karlspreisdirektorium setzt damit ein klares Zeichen, sagt der Vorsitzende Dr. Jürgen Linden. "Pinchas Goldschmidt ist ein herausragender Repräsentant der jüdischen Gemeinschaften in Europa. Deshalb wird er ausgezeichnet, aber auch die jüdischen Gemeinschaften in unserem Kontinent. Und wir wollen damit zeigen, der Karlspreis ergreift Partei. Er soll zugleich stützen und schützen. Und er soll damit auch ein Zeichen gegen Gewalt, gegen Hass, gegen Diskriminierung sein, die wir aus der Geschichte bereits kennen und die wir überhaupt kein zweites Mal in unserem Land oder auf unserem Kontinent dulden dürfen."
Wirken für den Frieden
Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt wird für sein Wirken für den Frieden und die Selbstbestimmung der Völker gewürdigt. Er stehe für europäische Werte und kämpfe für ein friedliches Miteinander. Er engagiere sich auch für die Verständigung zwischen den Religionen und förderte bereits den Dialog zwischen Christen und Juden, aber auch zwischen Juden und Muslimen. So setzt er sich für ein freies religiöses Leben in Europa ein.
Das Karlspreisdirektorium baut mit der Ernennung von Pinchas Goldschmidt auch eine Brücke zur Situation in Russland und zum Krieg gegen die Ukraine. Goldschmidt weigerte sich während seiner Zeit als Oberrabbiner in Moskau, eine öffentliche Erklärung zugunsten der Putin-Politik abzugeben. 2022 verließ er daraufhin Moskau. "Er ist sicher eine Persönlichkeit, die vor allem im interreligiösen Raum wirkt, die aber darüber hinaus auch eine wahnsinnig hohe politische Bedeutung genießt. Und die in Paris, in Berlin, in Warschau und an vielen anderen Orten ein gewichtiges Wort mitreden."
Zwar positioniert sich das Karlspreisdirektorium deutlich gegen jegliche Art des Antisemitismus, will aber im Nahost-Konflikt für keine der beiden Seiten Partei ergreifen. "Wir selbst positionieren uns nicht in der Frage des Nahost-Krieges, sondern wir unterstützen exakt das, was der Karlspreisträger dazu sagt, weil auch wir der Auffassung sind, es gibt ein Selbstbestimmungsrecht der Völker, man muss Respekt gegeneinander aufbringen, das ist ein europäischer Wert. Und dieser Respekt letztlich muss zu einem staatlichen Miteinander führen, das funktioniert."
Mit der Entscheidung für Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt und die jüdischen Gemeinschaften Europas setzt das Karlspreisdirektorium ein Zeichen für ein geeintes Europa. Der Zeitpunkt hätte nicht passender sein können: Ein Statement für europäische Werte wie Toleranz, Pluralismus und Verständigung.
Lara Wilken