Der nicht-kommerzielle Sektor, das sind der Gesundheits- und Sozialsektor, Kleinkindbetreuung und die Betreuung alter Menschen. Zum Sektor gehören auch Kultur, Sport und Freizeit. Jene Sektoren also, die selber wenig Einnahmen generieren können, da sie gesellschaftliche Dienstleistungen erbringen, die für alle Nutznießer bezahlbar sein müssen.
Alles in allem, so die christliche Gewerkschaft, arbeiten rund 3.000 Beschäftigte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft im nicht-kommerziellen Sektor. Während die Beschäftigen in den Krankenhäusern vom Föderalstaat bezahlt werden, sind die anderen Bereiche abhängig von der DG. Alle fünf Jahre werden daher Rahmenabkommen verhandelt zwischen den Sozialpartnern: der Regierung, den Arbeitgebern und den Personalvertretern. Für diese Runde hatte die Regierung jährlich 50.000 Euro mehr in Aussicht gestellt - für den gesamten Sektor. "Eine kalte Dusche" nennt das die christliche Gewerkschaft. "Wir haben im Frühjahr diesen Jahres einen Forderungskatalog bei der Deutschsprachigen Gemeinschaft hinterlegt, um die Arbeits- und Gehaltsbedingungen des Sektors neu zu verhandeln und haben da ein Angebot bekommen, mit dem wir nicht wirklich zufrieden sind, das wir als "kalte Dusche" bezeichnen. Wir haben bis dato gar keine Verhandlungen begonnen. Heute wäre schonmal die erste Forderung, zu sagen, wann wir mit Verhandlungen beginnen können und dann auch ein wirklich gutes Angebot der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu bekommen", so Vera Hilt.
Sektor attraktiver machen
Dabei geht es nicht allein um Gehalt. Die Arbeitszeit ist ein Thema - und besonders im Pflege- und Sozialsektor der Personalschlüssel. Aber auch zum Beispiel das Recht auf Unerreichbarkeit. Die Gewerkschaft sieht den nicht-kommerziellen Sektor in einer Krise. "Das hat damit zu tun, dass es einen großen Fachkräftemangel gibt. Und dass es bei dem bestehenden Personal Ermüdungserscheinungen gibt. Dagegen müssen wir unbedingt etwas machen, indem wir den Sektor attraktiver machen. Für die, die dort schon arbeiten, aber auch für die, die einsteigen sollen, um die anderen zu entlasten. Und da sprechen wir über Arbeitszeitmodelle, die anders gestaltet werden können, Vorteile, wie Urlaubstage oder andere Dinge. Dass sie bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Und das geht nicht nur über Lohn."
Da sind auch die Arbeitgeber gefragt. Aber sie haben keinen Spielraum ohne eine Refinanzierung von zusätzlichen Ausgaben durch die Deutschsprachige Gemeinschaft. Das weiß auch die Regierung. Der finanzielle Spielraum bestehe nicht, sagt Ministerpräsident Oliver Paasch. "Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat in den vergangenen Jahren sehr viele Zugeständnisse gemacht an den nicht-kommerziellen Sektor. Ich erinnere daran, dass wir in der letzten Legislaturperiode die einzige Gemeinschaft in Belgien waren, die überhaupt ein Abkommen im nicht-kommerziellen Sektor abgeschlossen hat. Es ist uns auch gelungen, in den letzten zwei Jahren mit einer Erhöhung um sechs Prozent einen Inflationsausgleich zu gewähren. Aber jetzt weitere Erhöhungen vorzunehmen wäre aus meiner Sicht finanzpolitisch nicht verantwortbar."
Nicht zuletzt, sagt der Ministerpräsident, wären Zugeständnisse von heute die Hypothek auf morgen. "Das wäre ein schönes Wahlversprechen, so etwas jetzt anzukündigen. Aber es wäre nicht verantwortbar, weil das Versprechen, das wir heute geben würden von der Nachfolgeregierung nicht eingehalten werden könnte."
So bleiben die Schuhe wohl erst einmal leer - zumindest bis zu den Gemeinschaftswahlen im kommenden Jahr.
Gudrun Hunold