Nach drei Jahrzehnten als Zeitungsjournalist hat für Heinz Gensterblum ein neuer beruflicher Weg begonnen. Am 1. Oktober hat er die Geschäftsführung beim Serviceunternehmen "Die Alternative" übernommen. Der Sozialbetrieb hat zwei Standorte in Eupen und St. Vith mit mehr als 300 Beschäftigten in Teil- und Vollzeit. Die meisten arbeiten als Haushaltshilfen - zu wenige, um die vielen Anfragen zu bewältigen.
"Vor allem in der Eifel hat es in den vergangenen Jahren bedeutende Arbeitsplatzverluste gegeben. Dort ist die Zahl von 120 auf 80 zurückgegangen, so dass es Wartelisten gibt, die bis zu zwei Jahre dauern", erzählt Gensterblum. "Im Norden ist es nicht ganz so dramatisch. Aber auch hier muss jemand, der eine Anfrage einreicht, rund acht Monate warten, ehe wir die Anfrage positiv bescheiden können."
Personalrückgänge bei den Haushaltshilfen habe es schon immer gegeben, erinnert sich Guido Reuter, der dem Verwaltungsrat schon viele Jahre angehört, im Unterschied zu den Bügel- und Nähateliers, wo die Personalzahl mehr oder weniger stabil geblieben sei. Doch zuletzt sei der Abbau rapide gewesen. "Das ist ein körperlich schwerer Beruf. Viele wechseln nach den ersten Monaten in eine andere Branche, die weniger Anstrengung abverlangt", erklärt Reuter die Gründe.
Den Beruf wieder attraktiver zu machen, daran will der neue Geschäftsführer Heinz Gensterblum zusammen mit dem Verwaltungsrat arbeiten. "Wir könnten heute 50 Personen einstellen, weil die Anfrage so riesig ist. Wir denken, dass wir allen Haushaltshilfen ein gutes und attraktives Paket anbieten, das über die ordentliche Bezahlung hinausgeht: Mahlzeitschecks, Vollkasko-Versicherung auf dem Weg zur Arbeit, soziale Umrahmung, persönlicher Kontakt, Austausch, damit Probleme besprochen werden können..."
Auch über das Thema Mobilität macht man sich bei der "Alternative" Gedanken. "Hier im Eupener Land haben wir ein E-Bike-Projekt. Wir statten Haushaltshilfen zum Teil mit E-Bikes aus", so der Geschäftsführer. "Aktuell gibt es auch die Überlegung, einen Fahrdienst einzurichten, um auch die Mitarbeiterinnen vor allem im ländlichen Raum mobiler zu machen."
Die Haushaltshilfen werden über das System der Dienstleistungsschecks bezahlt. Dieses liegt in der Entscheidungsgewalt der wallonischen Regierung in Namur. Dort erwägt man jetzt, den Wert der Schecks anzuheben. Das muss auch bei der Budgetplanung der "Alternative" berücksichtigt werden. Hier rechnet man mit einer leichten Anpassung nach oben. "Was nachvollziehbar ist", sagt Verwaltungsratsmitglied Guido Reuter. "Man muss wissen, dass die neun Euro seit weit über zehn Jahren Bestand haben und das gar nicht mehr der aktuellen Preisentwicklung gerecht wird. Aber wir sind völlig abhängig und können nicht agieren, bis die Entscheidung getroffen wird." Ob durch einen höheren Wert der Dienstleistungsschecks oder aber durch höhere Verwaltungskosten - die Preise müssen angehoben werden. Ansonsten seien die Lohnkosten nicht zu stemmen.
Ohne Dienstleistungsschecks laufen die Bügel- und Nähateliers der "Alternative". Neben den vielen privaten Kunden will Heinz Gensterblum hierfür auch verstärkt gewerbliche Kunden gewinnen.
Ein weiteres Standbein sind die selbst gefertigten Produkte, die in Geschäften sowie im Online-Shop ALEU angeboten werden. Auch hier hofft der neue Geschäftsführer, mehr Kunden zu gewinnen, indem das Angebot intensiver beworben und attraktiver gemacht wird.
Gensterblum lässt dabei die soziale Aufgabe des Unternehmens nicht aus den Augen: Menschen einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. "Die erste Priorität bei uns ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und nicht das Gewinnstreben."
Trotz der aktuellen Herausforderungen sieht Heinz Gensterblum gute Perspektiven für die weitere Entwicklung des Betriebs. "Ganz wichtig ist die Frage der Dienstleistungsschecks. Das ist unser Standbein, das uns die andere Alternative aufrechterhalten lässt. Wenn wir auf dieser Seite gut aufgestellt sind, geht es dem ganzen Betrieb gut."
Michaela Brück