Wenn in St. Vith einer für die Städtepartnerschaft mit Kerpen steht, dann ist es der Städtepartnerschaftsbeauftragte Mathieu Ledieu. Er lebt diese Partnerschaft schon seit Langem. "Ich selbst pflegte damals schon sehr gute Kontakte zu einem Radsportverein in Euskirchen. Und die wiederum, die kannten die Radsportfreunde aus Kerpen. So hatte ich dann auch die Gelegenheit, sehr schnell mit denen Kontakt zu haben, was natürlich auch nicht ausblieb. Die rheinische Kultur, die wir ja auch hier haben, der Karneval, da war das Fundament schnell gelegt."
Mathy Ledieus Kerpener Gegenüber Friedrich Löhr ist seit 1989 dabei, erst als erster stellvertretender Bürgermeister und seit 2008 als Verantwortlicher für die Partnerschaftspflege zwischen den beiden Städten. Auch er kann dieser Allianz nach wie vor viel abgewinnen. "Also wir kennen ja die technischen, die neuen Medien. Aber es geht nichts über die persönlichen Kontakte. Und über diese persönlichen Kontakte entstehen auch ganz fruchtbare Ideen auf allen Ebenen."
Mit Blick auf die Zukunft habe er einen Herzenswunsch, sagt Friedrich Löhr: "dass wir die Jugendarbeit wieder zwischen St. Vith und Kerpen bewegt kriegten. Es liegt im Moment nur an St. Vith. Ich habe Schulleiterinnen und Schulleiter, die direkt bereit wären, mit ihren Klassen zu kommen. Wir sind ja alle gleichsprachig. Wir könnten den Tausch in einem Rutsch machen. Wir machen frei hier und wir beleben bei uns und umgedreht genau dasselbe."
Zurückverfolgen lassen sich die persönlichen und teils familiären Beziehungen bis in die Zeit der Eisenbahn in St. Vith: Zu deren Hochzeit waren auch Beschäftigte aus dem Rheinland angeworben worden. Und nach dem Ersten Weltkrieg siedelten viele deutsche Eisenbahner um, etwa zum Knotenpunkt Mödrath bei Kerpen.
40 Jahre Städtepartnerschaft mit Kerpen
Wiederbelebt wurden die Kontakte durch Sängerschaften auf beiden Seiten, seit 40 Jahren ist sie offiziell. Kerpens heutiger Bürgermeister Dieter Spürck hatte im Mai zu diesem Anlass schon eingeladen, nun war er mit einer Delegation zum Gegenbesuch in St. Vith. "Solche Freundschaften, die müssen über lange Zeit gepflegt werden. Und wie in einer guten Ehe gibt es gute und schlechte Zeiten. Und gerade dann ist es wichtig, immer wieder zueinander zu finden und nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame zu finden."
Und gegebenenfalls zu erweitern: So ist Kerpen seit einem Vierteljahrhundert mit dem polnischen Oświęcim verschwistert, zu der das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gehört. Den St. Vither Ehrenschöffen Lorenz Paasch, der mit an der Wiege der Partnerschaft mit Kerpen stand, brachte das auf einen Gedanken. "Dass man zum Beispiel die Abiturklassen von den drei Schulen mal dazu bringt, mit Unterstützung bzw. finanziert von der Gemeinde, von der Stadt eine Fahrt nach Auschwitz zu machen, um sich da vor Ort mal bewusst zu werden, was eine Diktatur, was ein menschenverachtendes System zur Folge haben kann. Und das finde ich in unserer Zeit ganz besonders wichtig."
Beim St. Vither Bürgermeister Herbert Grommes stieß er damit auf offene Ohren. "Wir haben ja schon Kontakte mit Oswiecim genommen und ich denke, das muss überlegt werden", sagt Grommes. "Genau vor Corona waren wir dann mit einer kleinen Delegation von Schülern da. Ich konnte eben schon mit Direktoren aus einer Sekundarschule sprechen und ich denke, da werden wir schon noch einmal darauf zurückkommen müssen."
15 Jahre Städtepartnerschaft mit Teius
Neben Kerpen hatte St. Vith noch einen weiteren Partner eingeladen: mit dem rumänischen Teius dauert die offizielle Partnerschaft immerhin schon 15 Jahre. Sie hatte der damalige St. Vither Bürgermeister Christian Krings besiegelt. Angefangen hatten die Kontakte mit Hilfstransporten nach dem Sturz des Ceaucescu-Regimes. "Es hat auch viele, viele Spenden gegeben. Man hat mit dem Geld dort einen Sanitärtrakt in einer Schule gebaut, man hat Kindergärten renoviert mit diesen Spenden, und man hat nach und nach die Stadt Arnemuiden in Zeeland mit ins Boot nehmen können, um gemeinsam dort auch größere Sachen zu stemmen. Denn man weiß ja auch, auch wenn es in Rumänien ist, alles kostet Geld."
Für den Bürgermeister von Teius, Mirel Halalai, ist die Partnergemeinde St. Vith in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Und auch mit Dieter Spürck, seinem Amtskollegen aus Kerpen, habe er sich bei dieser Gelegenheit ausgetauscht. Was zeigt, dass eine Städtepartnerschaft nicht zwangsläufig eine Zweierbeziehung bleiben muss.
"Wichtig ist, dass man immer wieder Ausschau hält. Mit wem kann man sich neu vernetzen, kann man neue Freundschaften begehen? Ich habe heute sehr erfreut den Kollegen der rumänischen Partnerschaftstadt von St. Vith erlebt", sagt Spürck. "Und da ist mir auch noch klar geworden, dass man seine alten Freundschaften und Partnerschaften pflegen sollte, aber immer auch schauen sollte, genau wie auch die Europäische Gemeinschaft: Wie kann unsere Wertegemeinschaft größer werden? Und gerade die Osterweiterung ist in den heutigen Zeiten eine ganz wichtige."
Stephan Pesch