Bei Henri Schroers in der Eupener Berstraße werden gerade Schuhe poliert. Den Service gibt es gratis dazu. Seit 1966 gibt es die Schusterei im Herzen von Eupen. Aber so eine Flaute gab es noch nie. "Früher machte ich im Schnitt so 200 Paar Schuhe pro Woche. Jetzt sind es in einer guten Woche 70 oder 80 Paare."
Ein sehr teures Paar Schuhe holt der Schuster vorsichtig aus dem Regal. Es wartet schon seit vier Jahren darauf, abgeholt zu werden. Geld spielt also nicht immer eine Rolle - Zeitgeist schon. Sneakers sind der Graus des Meisters: Am Wochenende hat er noch eine Hochzeitsgesellschaft gesehen - und statt Leder an den Füßen trugen die Gäste bequeme Turnschuhe zum Abendkleid.
"Lederschuhe habe ich weniger. Aber früher zahlte ich auch nur 22 Euro pro Kilogramm, heute sind es 43 Euro pro Kilogramm. Aber ich darf meine Preise nicht verdoppeln. Und wie gesagt, die meisten Leute tragen heute Sneakers. Auf Taufen, auf Hochzeiten - alle laufen heute mit Sneakers."
Sechs Jahre bis zur Rente muss seine Schusterei noch laufen. Würde ein staatlicher Reparaturbonus da helfen? Henri Schroers winkt ab: Bis die Politik sich da einig sei ... Auch ohne Bonus rechne sich eine neue Sohle.
Im Änderungsatelier von Elia Simonian
Ganz anders sieht es aus im Änderungsatelier von Elia Simonian. Nächsten Monat feiert sie das 15-jährige Bestehen ihres Ateliers. Von Anfang an hatte sie gut zu tun. Es ist nicht weniger geworden. "Viele Leute kommen zum Reparieren. Viele kommen zum Ändern, Kürzen, um neue Reißverschlüsse einzusetzen."
Was bei ihr nie angefragt wird sind Maßanfertigungen. Eher kaufen ihre Kunden von der Stange und lassen dann die Kleidung anpassen. "Maßanfertigungen sind teuer. Deshalb wollen die Leute lieber reparieren. Keine neuen Sachen. Es ist zu teuer, nähen zu lassen."
Klar, die Leute kaufen heute billigere Kleidung. Das ist auch nicht ihr Metier. Bei ihr landen eher die Lieblingsstücke, erzählt Elia Simonian. Wie die über 20 Jahre alte Lieblingshose eines Kunden, die nachher richtig schwer war wegen der ganzen Flicken und dem Nähgarn.
Auch die nächste Kundin lässt nicht alles reparieren. "Es kommt darauf an, was es ist. Wenn kleine Nähte kaputt sind, oder der Saum ist lose."
Die Idee des Reparaturbonus, wie er im Nachbarland Frankreich eingeführt wird, lässt Elia Simonian eher kalt: Abrechnen würde sie den Bonus für die Kunden. Brauchen tut sie ihn nicht.
Es gibt eben offensichtlich einen Unterschied zwischen Lieblingshose und Lieblingsschuhen.
Gudrun Hunold
Finde ich eine sehr gute Idee mit dem Reparaturbonus, vielleicht lassen die Leute dann eher Schuhe und Kleidung reparieren.
Schaun wir mal wie die Entwicklung in Frankreich ist.