Dass der Rat für deutsche Rechtschreibung in Eupen tagt, war im ganzen deutschen Sprachraum wahrgenommen worden, ging es doch um das Reizthema "geschlechtergerechte Schreibung" - das "Gendern".
Bei den Vorbereitungen war der aus Ostbelgien stammende Professor für deutsche Sprachdidaktik, Heinz Bouillon, federführend. "Wir hatten in der Arbeitsgruppe 'Gendergerechte Schreibung' zwei Texte vorbereitet, ein Text sollte ins amtliche Regelwerk übernommen werden. Der ist dann aber von vielen Mitgliedern sehr stark in Frage gestellt worden, vor allen Dingen mit Hintergedanken, dass alles, was nach Verbot klingt, rausgenommen werden sollte."
Und so einigte sich der Rat für deutsche Rechtschreibung "einstimmig" auf einen Kompromiss. "Erstens haben wir festgestellt, dass es gewisse Sonderzeichen gibt im Wortinnern, was ja schon etwas ganz Besonderes in der deutschen Sprache ist. Auf der anderen Seite haben wir beobachten wollen, wie diese Zeichen sich verhalten. Wir haben aber auch festgestellt, dass diese Sonderzeichen im Wortinnern sehr oft zu sehr problematischen Flexionsendungen oder zu einem sehr problematischen Gebrauch führen können."
Diskussion nicht abgeschlossen
Für den Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim, Professor Henning Lobin, ist die Diskussion darum keineswegs abgeschlossen. "Wir orientieren uns ja tatsächlich an der Sprach- und Schreibnutzung, an den Konventionen, die sich dort entwickeln, und setzen die erst dann in Regeln um, wenn da wirklich eine stabile Basis zu verzeichnen ist."
"Gleichwohl ist ein größerer Fortschritt erzielt worden dadurch, dass erstmals ein Kernbestand der deutschen Orthografie getrennt wird von einem Bereich, in dem etwa Sonderzeichen liegen unterschiedlichster Art, aber eben auch die sogenannten Genderzeichen, und dass für diese Sonderzeichen eben teilweise andersartige Regeln zu beachten sind, als das im Bereich dieser Kernorthographie der Fall ist."
Henning Lobin glaubt nicht, dass es sich bei der Tendenz zu einer geschlechtergerechten Sprache nur um ein Zeitgeistphänomen handelt. Sie sei vielmehr Ausdruck dafür, dass sich in der Gesellschaft Gruppen als solche konstituieren und ihre Rechte einfordern. "Das ist nicht zurückzudrehen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen und ich glaube, es kann immer nur um Kompromisse gehen. Es kann nur darum gehen, mit Kompromissen zu arbeiten, wenn etwas geregelt werden muss und Toleranz auszuüben, wenn es darum geht, den anderen in seinen Präferenzen, in seinen Vorlieben, der sprachlichen Gestaltung auch gelten zu lassen."
Seit 17 Jahren ist Professor Heinz Bouillon Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung. Das habe es ihm ermöglicht, zum einen auf die besondere Situation der Deutschsprachigen Gemeinschaft hinzuweisen und zum anderen seine Expertise als Germanist einzubringen. "Die dritte Sache ist die: Man hat mich als Belgier praktisch in die Rolle gezwungen, das Thema gendergerechte Schreibung zu übernehmen, einfach weil ich den anderen keine Angst mache."
Das sollte im Grunde auch das Thema nicht. Für Heinz Bouillon war es die dritte Tagung des Rates der deutschen Rechtschreibung in Ostbelgien. In einigen Monaten wird er sein Mandat weitergeben.
Stephan Pesch
Zitat aus dem Artikel : "...Sie sei vielmehr Ausdruck dafür, dass sich in der Gesellschaft Gruppen als solche konstituieren und ihre Recht einfordern..."
Welche Gruppen sind das ? Das müsste etwas präsentiert werden.
In meinen Augen ist Gendern das Produkt von Menschen, die sich für besonders fortschrittlich halten, von einer intellektuellen Elite, die sich für was besseres hält.
"...dass sich in der Gesellschaft Gruppen als solche konstituieren und ihre Rechte fordern,,,"
Da freue ich mich auf die Diskussion, wenn die LGBTQ-Gruppe sich beginnt, diesem Thema zu widmen...
Was hat Deutschland nur für Probleme?
Hat man sich je gefragt, warum es "das Mädchen" gibt, aber nie "das Jüngelchen" gab? Ebenso "das Fräulein" aber nie "das Männlein"? Mein halbes Leben wurde ich bei Erstkontakten gefragt: "Frl oder Frau"? Da wäre mal eine Gleichstellung wichtig gewesen.