Die gehäkelte weiße Blume mit dem grünen Blütenstempel hat Symbolwert. Es gibt viele Bedeutungen - aber welche Auslegung auch immer: Die Blume ist zu einem bosnischen Friedenssymbol geworden. Refik Basic, Präsident des bosnischen Kulturvereins Elif, trägt sie auf seiner linken Brusttasche.
Jeder fünfte Einwohner Bosniens wurde während des Krieges getötet oder floh. Auch die Deutschsprachige Gemeinschaft wurde zur neuen Heimat vieler Bosniaken. Zurückkehren ist für sie keine Option, denn die alten Probleme sind keineswegs gelöst. Heute stellen die Serben die Mehrheit, vor dem Krieg war es anders herum.
"Wir leben noch immer getrennt. Die Mehrheit bewohnt den serbischen Teil. Das war früher anders, die Mehrheit bewohnte den bosniakischen Teil", erklärt Refik Basic. "Wir sprechen immer von Srebrenica, in der Stadt Prijedor zum Beispiel waren keine Kämpfe im Krieg, aber da sind dreieinhalbtausend Menschen einfach so hingerichtet, ermordet worden. Deswegen sind sie jetzt die Mehrheit."
Rund 140 bosnische Familien vertritt seine Vereinigung Elif. Sie organisieren Hilfe, Begegnung, Feste. Am Sonntag lädt Elif zu einer Gedenkfeier ein, um an die Opfer der Massaker der Jugoslawienkriege zu erinnern. Der 9. Juli ist bewusst gewählt - denn am 11. Juli jährt sich der Völkermord an den Bosniaken in Srebrenica in 1995. Rund 8.000 muslimische Männer fielen dem Massaker zum Opfer.
"Das ist ein Tag der Trauer für uns Bosniaken", erklärt Basic. "Der wichtigste Teil ist, dass Srebrenica nicht vergessen wird. Leider werden die Kriegsverbrecher in unserem Staat Bosnien teilweise noch immer als Helden gefeiert, der Genozid ist nicht anerkannt. Das ist der größte Schmerz für uns Bosniaken."
Am Sonntag ist ein Spaziergang geplant. Start ist um 12 Uhr am Kulturzentrum in der Eupener Industriezone, Ziel ist die Innenstadt. Die Polizei wird die Gruppe begleiten und auch kurzzeitig Straßen sperren. Nach einer kurzen Ansprache am Rathaus geht es gegen 13 Uhr zurück.
"Wir haben auch den Botschafter von Bosnien eingeladen", erklärt Refik Basic. "Sie haben bestätigt, dass sie kommen, die ganze Delegation. Was soll ich sagen, wir haben schon eine Herausforderung. Es ist das erste Mal, dass der Vertreter der Botschaft ein Serbe ist. Wir hoffen aber, dass wir ein gemeinsames Wort finden, dass alles läuft, wie es soll."
Zum Abschluss gibt es ein gemeinsames Essen. Achim Nahl, Moderator der interkulturellen Dialoggruppe Eupen, hofft, dass sich auch Ostbelgier dem Gedenken anschließen, denn "bis heute hat das Massaker von Srebrenica Auswirkungen auf viele Familien, bosnische Familien, die in Eupen leben und wir halten es für wichtig, dass das irgendwo bekannter gemacht wird".
Eines ist sicher: Die weißen Blüten um eine grüne Mitte, in bosnischer Tradition gehäkelt, werden präsent sein auf dem Spaziergang zum Gedenken an die Opfer des Krieges. Und vielleicht trägt auch der serbische Botschafter eine Blume.
Gudrun Hunold
Die Ursache für die serbischen Massaker an den Bosniaken war deren Angst, ein unabhängiges Bosnien Herzegowina könnte ein islamisches Staatswesen werden wie einst das osmanische Reich. Ganz unbegründet war das nicht.Heutzutage ist der Einfluss der Golfstaaten sehr groß.In Sarajevo gibt es zum Beispiel spezielle Immobilien-Agenturen für diese Kundschaft.
Das heutige Bosnien Herzegowina ist im Prinzip ein künstlicher Staat, der nur durch äußeren Druck existieren kann.Es ist eine Art Protektorat mit dem "Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina" als allmächtigen Gouverneur an der Spitze, der jedes Gesetz annullieren kann, wenn er der Meinung ist, es könnte den Frieden zwischen den Volksgruppen stören.
Obwohl Serben, Kroaten und Bosniaken im Prinzip die gleiche Sprache sprechen, kam es zu diesem schrecklichen Krieg. Dieser Krieg ist ein gutes Beispiel, wie negativ sich Religion auswirken kann.
Kriminalität hat keine Religion! Verbrechen werden von denen begangen, die nicht glauben, dass es eine Macht gibt, die größer ist als sie selbst.
Wir dürfen nicht vergessen, dass Nationalsozialisten rekrutierten im Zweiten Weltkrieg sehr viele Männer des islamischen Glaubens, es war etwa 600.000 die auf der Seite der Deutschen kämpften in Hitlers Armeen. Zur Erinnerung: erst Ende des 16. Jahrhunderts wurden Bosniaker muslimisch als eintäziges slawisches Volk. Sie sind im Osmanischen Reich vom Christentum zum Islam übertreten, denn so mussten z.B. weniger Steuern als Christen also Kroaten oder Serben zahlen...
Religion an sich kein Verbrechen. Aber Religion kann zu Verbrechen führen.
In 2018 war ich mal in Sarajevo und Mostar.Was ich in Mostar gesehen habe, war schon schrecklich.Das Ergebnis eines Religionskrieges, dh kaputte Häuser und eine gespaltene Stadt.An einer Seite des Flusses lebten die katholischen Kroaten, uns sehr ähnlich. Die Männer in Shorts, die Frauen im Sommerkleid.Überquert man die Stari Most, sieht man ein komplett anderes Bild. Zusätzlich noch die gegenseitigen Provokationen.Die Kroaten hatten auf einem hohen Berg ein großes Kreuz errichtet, und die Lautsprecher Moscheen der Bosniaken so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstand.Da war doch der Personenkult um Marschall Tito das kleinere Übel.Nur der hatte leider seine Nachfolge schlecht geregelt.
Das hat mich bestätigt in meiner Meinung, daß man Religion mit Vorsicht begegnen soll.Der gesunde Menschenverstand sollte Richtschnur sein, nicht ein Herrgott, von dem man nicht weiß, ob er existiert.