Text-Auszüge auf deutsch und auf Eifeler Platt - genau das sollten die Teilnehmer der Sprachenstudie bewerten. Finden sie die Sprecher eher gebildet und interessant, oder eher inkompetent und unlogisch – je nach Sprache, die gesprochen wurde? Was klingt flüssiger, was eckiger?
Florian Breit ist Sprachforscher an der nordwalisischen Universität Bangor und betreut die Studie hier in Ostbelgien. Seiner Meinung nach ist es ein guter Ort, um verschiedene Forschungsfragen zu beantworten. "Wie geht es Minderheitensprachen und wie messen wir überhaupt richtig, wie es Minderheitensprachen geht? Da haben wir schon richtig gesucht nach Sprachen, Sprachfamilien und Sprechergemeinschaften. Eine Kollegin von mir war schon mal hier vor ein paar Jahren. Die hat hier eine Studie gemacht und hatte ganz interessante Ergebnisse", berichtet Breit.
"Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist in einer besonderen Situation als eine sehr kleine Gemeinschaft in Belgien, die aber durchaus sehr lebendig ist und die sowohl mehrere Dialekte beheimatet als auch das Standarddeutsch. Das hat uns dann wirklich interessiert als einer von den Vergleichspunkten."
Ostbelgien als Vergleichspunkt im Mittelfeld. Denn die Studie läuft auch in anderen Regionen. Gemeinsam mit vier Kollegen erforscht Florian Breit Sprachen an insgesamt drei Standorten: Walisisch in Großbritannien, Plattdeutsch in Ostbelgien und Lombardisch in Norditalien.
Besonders gut steht es um Walisisch – in Wales, neben Englisch, eine offizielle Sprache. "Da wir in Wales sitzen, war das natürlich für uns ganz klar, dass wir auch das Walisische heranziehen", erklärt Breit. "Und dann hatten wir jemand im Projekt, der aus der Lombardei in Norditalien ist. Da steht es ziemlich schlecht, Lombardisch ist im Roten Buch der bedrohten Sprachen von Unesco gelistet und ist nahe am Aussterben."
Irgendwo zwischen dem aussterbenden Lombardisch und dem offiziell anerkannten Walisisch ist also der Stellenwert von Platt in Ostbelgien - so die Erwartungen der Forscher. Ob das wirklich so ist, wird seit etwa einem Jahr untersucht. Dafür gibt es verschiedene Methoden und Studien. "Wie stellen wir fest, was diese unbewussten Einstellungen sind? Wir haben angefangen mit klassischen Umfragen. Da haben die Teilnehmer verschiedene Adjektive dem Deutschen oder dem Platt zugeschrieben: Das eine ist flüssiger, das andere ist eckiger. Das eine ist systematischer, das andere unsystematisch, das eine logischer oder klingt schöner?"
"Dann haben wir eine Aufgabe gemacht, wo es mehr um die Wahrnehmung von Sprechern geht. Dafür haben wir kurze Ausschnitte gespielt von Leuten, die auf Platt und die auf Deutsch gesprochen haben. Dann musste man bewerten: Wie klingt diese Stimme für mich? Klingt die sympathisch? Klingt die gebildet oder eher ungebildet? Klingt die ländlich oder städtisch?"
Solidaritätsbonus
Soweit die Fragen, die bisher untersucht wurden. Noch sind die Forscher nicht mit allen Untersuchungen durch. Aber mit den vorläufigen Daten lässt sich schon einiges auswerten – mit positiven Überraschungen. "Wenn ich mich jetzt nur auf den Status beziehe, also was ich Leuten zumute, wie gebildet die sind und wie kompetent die sind usw, dann macht das hier erst mal fast nichts aus, ob jemand Platt spricht oder Deutsch spricht - nach unseren Ergebnissen bis jetzt. Das ist ähnlich wie die Situation zum Beispiel in Wales."
Anders sei es in der Lombardei, erklärt Breit. "Wenn Sie dort Lombardisch sprechen, dann wird Ihnen sofort zugeschrieben, dass Sie auf eine Art inkompetent sind, nicht so gebildet sein können und auch nicht gut betucht. Man sagt auch nicht: 'Ah, du sprichst Lombardisch, bist also einer von uns'."
In Ostbelgien sei das ganz anders. "Das ist hier der Extremfall. So stark haben wir es in keinem von unserer Vergleichswerten gesehen. Wenn hier jemand rumläuft und er spricht Platt, dann sagen die Leute sofort: 'Der ist extrem sympathisch. Der ist ein extrem wichtiger Teil meiner Gesellschaft'. Das ist was, da sticht die südliche DG richtig heraus."
Der sogenannte Solidaritätsbonus ist im Süden der DG bei Plattsprechern besonders groß. Plattdeutsch verbindet. Vielleicht auch ein Grund, warum es um die Zukunft von Platt gar nicht mal so schlecht steht, wie manch einer befürchtet. "Wir hatten das auch mehrmals als Gesprächsthema mit Teilnehmern, die uns zum Beispiel erzählt haben, dass sie einen Partner haben, der kein Platt gesprochen hat früher und der jetzt angefangen hat, platt zu sprechen, weil es in der Familie benutzt wird. Das ist wahnsinnig gesund für Sprachgemeinschaften."
Studien-Teilnehmer zwischen 25 und 35 gesucht
Für genaue Prognosen muss die Studie aber noch weiter gehen. Im Sommer beginnt die nächste Phase. Gesucht werden noch Studien-Teilnehmer vor allem im Alter zwischen 25 und 35. Die Generation, die das Plattdeutsche weitergeben wird – oder eben nicht. "Die jetzige Elterngeneration hat natürlich den größten Einfluss", erklärt Breit. "Man sollte 45 Minuten Zeit mitbringen. Und man kriegt dafür auch eine Aufwandsentschädigung von 16,50 Euro für eine Dreiviertelstunde. Wir sind meistens im Pfarrheim St. Vith, oder in Büllingen und Bütgenbach."
Perfekt Platt sprechen muss man für die Teilnahme nicht. Bei den nächsten Studien-Aufgaben geht es nur ums Verstehen. "Wir setzen die Teilnehmer an den Computer und dann hören sie Wörter auf Platt und auf Deutsch. Es geht dann ein bisschen darum, wie schnell man entscheiden kann, was man jetzt gehört hat, ob das Deutsch oder Platt war." Vielleicht lässt sich dadurch noch die ein oder andere Besonderheit über Plattdeutsch in Ostbelgien herausfinden.
Platt sprechen kommt auf jeden Fall gut an – zumindest im Süden der DG. Und das ist jetzt sogar wissenschaftlich bewiesen. Also: Platt kallen udder schwätzen!
Kontakt
Wer an der Studie teilnehmen möchte, kann online ein Kontaktformular ausfüllen, sich telefonisch unter +32 (0)470 28 18 26 an Florian Breit wenden oder per Mail an f.breit@bangor.ac.uk.
Raffaela Schaus
Ältere Menschen können das Plattdeutsche genau so gut an die jüngere Generation weitergeben!
Hallo gut Tag, ja mit dem Plattdeutsch, wie so nicht auch ab 65 Jahren, finde ich sehr schade, aber gut danke im voraus Hoffmann René in Lengeler Bahnhof
Die Studie sollte sich nicht nur auf die DG beschränken, sondern auch auf die Orte direkt hinter der Grenze.
Es wäre schon mal schön, wenn Raeren, Eupen und Kelmis mit einbezogen gewesen wäre. Auch ich vertrete die Meinung, dass auch ältere Jahrgänge das Plattdeutsche weitergeben können (siehe Mundart CD Raeren und Hauset, Alte Straßennamen in Raeren, Roman die Raubritter von Reifferscheidt auf Platt von Hubert Schiffer, Munadartsendung des BRF2).