Die Eupener Stadtarbeiter verlegen die letzten Fallschutzmatten um das Karussell herum. Alles muss perfekt sitzen und ebenerdig sein, damit auch die Rollstuhlfahrer problemlos rein und raus fahren können. Dass das Karussell nun im Temsepark gleich neben dem Pavillon steht, ist unter anderem Marianne Frankens Verdienst. Sie unterrichtet seit 15 Jahren im Zentrum für Förderpädagogik und hatte die Idee dazu. "Ich fand es immer schade, wenn wir zum Spielplatz kamen und die Rollstuhlfahrer keine Spielgeräte nutzen konnten."
Vor einiger Zeit startete der Bürgerfonds Ostbelgien einen Projektaufruf für die Eupener Unterstadt. Das Thema Jugend stand im Vordergrund. Marianne Franken reichte ihr inklusives Projekt ein. Sie durchforstete das Internet, stieß auf das inklusive Karussell und war sofort begeistert. "Darauf können gleich zwei Rolli-Fahrer Platz nehmen. Mir war aber auch wichtig, dass laufende Kinder das Gerät nutzen können. Oma und Opa können selbstverständlich auch Platz nehmen."
Der Bürgerfonds hat das Projekt mit 10.000 Euro unterstützt. Die Summe reichte aber nicht ganz aus. Obendrauf kam der gesamte Erlös des Winter-Apfelsaftverkaufs des ZFP. Gesamtsumme: rund 12.500 Euro. In dieser Summe inbegriffen ist auch eine hölzerne Kommunikationstafel, die direkt neben dem Karussell steht.
Auf der Tafel sind mehrere Bildchen zu sehen. Jedes einzelne beschreibt eine Aussage. "Das Kind kann auf verschiedene Bilder zeigen und so mit einem anderen Kind kommunizieren", erklärt Nicole Quinting, die seit acht Jahren im Zentrum für Förderpädagogik unterrichtet. "Indem das Kind auf drei Bilder zeigt, kann es fragen: Willst du mit mir spielen?"
Rund 70 Bildchen gibt es. Unter jedem einzelnen steht eine deutsche und französische Beschreibung. Die Tafel dient der unterstützten Kommunikation. "Für Kinder oder Erwachsene, die nicht beide Sprachen sprechen oder nur schwer kommunizieren können, steht die Tafel hier. So können wirklich alle kommunizieren."
Das Karussell ist etwas geräumiger als ein herkömmliches Karussell. Auf den ersten Blick erkennt man kaum Unterschiede. Das Besondere: Es gibt zwei kleine Tore, die man öffnen und schließen kann. Ein Rollstuhlfahrer kann problemlos reinfahren und das Tor schließen. Der Spaß kann dann beginnen, indem man sich über das Rad, das in der Mitte des Karussells befestigt ist, in die gewünschte Richtung dreht. Bremsen geht auch ohne Probleme. Dafür wurden zwei Hebel installiert, die einfach zu bedienen sind und das Karussell geschmeidig abbremsen.
Für Marianne Franken ist das Projekt aus einem ganz einfachen Grund eine Herzensangelegenheit. "Jedes Kind hat das Recht auf spielen und jedes Kind hat das Recht, seinem Spieltrieb freien Lauf zu lassen." Dass auch Kinder mit mehrfachen Beeinträchtigungen ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen können, ist gar nicht so einfach.
Das inklusive Karussell beweist aber, dass es funktioniert. Der Aufwand ist groß, teuer ist das Gerät auch. Aber die Erfahrungen, die die Kinder auf dem Karussell sammeln dürfen, sind unbezahlbar.
Dogan Malicki
Hervorragend!
Diese Idee, der Umgestaltung der Spielplätze habe ich vor zwei Jahren führender Partei schon unterbreitet.
Nix passiert.
Bisschen belächelt haben sie mich.
Umso mehr schön, dass Menschen von hier etwas geschafft haben, was die Politik anscheinend nicht in der Lage ist, umzusetzen.
Da ist etwas in Gang was ganz wunderbar ist.
Während Schulen und Kaleido noch über Partizipation kaum verständlich murmeln, machen andere das, was sich gehört.
Logopädie, Kissenschlachten, Yoga Übungen, nicht überfordern, abspalten, alles schön trennen, kann man sich aufm Spielplatz näher kommen: was für ein Gewinn für Kinder und Eltern.
Wenn jetzt noch das ZFP seine Zäune abreißen tut und nicht nur Geld spendet, wenn endlich Kinder mit Beeinträchtigung in Regelschulen gehen dürfen, Förderlehrer dafür eingesetzt werden, dreht sich ein ganz neues Karussell und das für alle.
Träumen darf man doch….
Und die Hoffnung stirbt zuletzt.