Karl De Smedt ist der Wächter der Sauerteige im Glas. Der 52-jährige Konditor und Chocolatier stammt aus Molenbeek. Ein kritischer Blick auf den Sauerteig im Glas 43. Es ist Karls erster Sauerteig. Mit ihm hat er 1994 sein erstes Sauerteigbrot im Auftrag der Backmittelfirma Puratos gebacken.
Damit begann die Liebe zum Sauerteig. 2013 dann wurde die Bibliothek in St. Vith gegründet. "Im Moment haben wir hier 144 Sauerteige aus 28 verschiedenen Ländern. Jeder Sauerteig ist einzigartig. Keine zwei sind gleich. Die sind alle anders - andere Hefe, andere Milchsäurebakterien, eine andere Kombination aus Hefe und Milchsäurebakterien. Es gibt verschiedene Mehle. Einige haben nur ein Mehl. Andere haben bis zu sechs verschiedene Sorten Mehl. Es gibt Weizen, Hartweizen, Roggen, Dinkel, Hartweizen und Reis."
Zwölf Kühlschränke sind in der Bibliothek angeordnet. Hinter Glasscheiben sind sie in Szene gesetzt: Die Sauerteige aus aller Welt. Einer stammt aus Japan von dem letzten Samurai. Er wird auf das Jahr 1875 datiert. Andere Teige kommen aus einem Kloster auf dem Berg Athos in Griechenland.
Ein preisgekrönter Pizzateig stammt aus einer kleinen Pizzeria in Seattle in den USA: "von der kleinen Insel Bainbridge Island. Der Eigner hat den Sauerteig schon seit 35 Jahren. Aber er geht zurück auf die Goldgräberzeit in den Jahren 1896", erklärt De Smedt.
"Mit dem Sauerteig backt er Pizza. 2017 hat er den Caputo Cup für die beste Pizza der USA gewonnen. Es ist auch einer der Sauerteige mit einer großen Biodiversität. Er hat drei verschiedene Hefen und sechs verschiedene Milchsäurebakterien. Die meisten haben nur eine Hefe und eine Milchsäurebakterie."
In 53 Ländern war Karl schon unterwegs. Alles wird ordentlich dokumentiert. Der Sauerteig-Meister hat eine echte Fangemeinde. In den sozialen Medien ist Karl bei Kennern ein Star. Doch hinter all dem steckt der Wunsch nach wissenschaftlicher Aufarbeitung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Lebensmittelmikrobiologie der Universität Bozen.
"Das dauert ungefähr drei Monate und nach drei Monaten gehen wir dann hin und isolieren die Hefe und die Milchsäurebakterien in so kleinen Tübchen. Das geht runter auf minus 80 Grad. Das ist das Wichtigste, was wir hier machen. Die Aufbewahrung der Sauerteige, die Aufbewahrung der Biodiversität für die Zukunft. Und wenn die dann einmal isoliert sind, können wir sie dann auch identifizieren durch DNA-Analyse. Und so haben wir mit den 144 Sauerteigen schon mehr als 1.500 Mikroorganismen gefunden und identifiziert."
Eigentümer der Sauerteig-Bibliothek ist die belgische Backmittelfirma Puratos. Das Familienunternehmen machte im vergangenen Jahr fast drei Milliarden Umsatz. Weltweit gehören 10.000 Mitarbeiter dazu. Am Standort St. Vith arbeiten 50 Mitarbeiter.
"Einen Sauerteig herstellen ist eigentlich ganz einfach. Man braucht lauwarmes Wasser und Mehl. Man kann wählen. Ich habe nun Vollkornmehl genommen. Die Menge ist 50:50. Am Anfang nehme ich 50 ml Wasser und 50 g Mehl. Schön vermischen und immer die Seiten sauber machen, damit der Sauerteig nicht trocknet. Abdecken und 24 Stunden stehen lassen."
"Nach 24 Stunden muss man nochmal die gleiche Menge Wasser und Mehl hinzufügen und das alle 24 Stunden immer füttern. Nach drei bis vier Tagen riecht es sehr schlecht. Die Leute denken dann, dass es nicht geklappt hat und werfen den Teig weg. Aber das musst du nicht machen", beruhigt De Smedt.
"Nach fünf, sechs, sieben Tagen macht der Teig 'blubb-blubb-blubb'. Dann hat man Leben in dem Sauerteig und damit kann man dann anfangen Brot, Pfannkuchen, Waffeln, Pizza, Brownies zu machen. Viele Sachen kann man mit dem Sauerteig machen!"
- Die Bibliothek ist nicht öffentlich zugänglich. Interessierte können die Sauerteig-Bibliothek online besuchen.
- Das Buch mit Karl De Smedt und vielen Anregungen aus der Sauerteig-Bibliothek in St. Vith: "Sauerteig: Glück vermehrt sich in vier Tagen" von Martina Goernemann (ISBN-13: 978-3421040954)
- Preisgekrönter Pizzateig mit Sauerteig
- Das ganze Video zum preisgekrönten Pizzateig auf dem Youtube-Kanal von Puratos
Simonne Doepgen