Wo das St. Vither Gewerbegebiet II zu Ende geht, ist der Blick noch frei auf weites Agrarland. Doch wenn es nach dem Willen der Stadtväter geht, würde sich an der Rodter Straße in einigen Jahren eine Erweiterung von 23 Hektar anschließen. Schöffe Marcel Goffinet nennt die Vorteile: "Die Nähe zur Autobahn ist das wichtigste Kriterium. Der Transitverkehr wird konzentriert gehalten und soll nicht ins Wohngebiet gelangen."
"Wichtig ist: Wir sprechen von einem Gewerbegebiet und nicht von einer Industriezone wie in der Kaiserbaracke. Hier geht es um mittelständische Betriebe, keine Schwerindustrie." Neben der südlichen Erweiterung haben die Planer noch ein Gelände nördlich des bestehenden Gewerbeparks ins Auge gefasst. Dort sollen noch einmal weitere 14 Hektar hinzukommen.
Einen Bedarf gebe es, stellt Bürgermeister Herbert Grommes fest. "Als das letzte Gewerbegebiet ausgedehnt wurde, waren das 32 bis 35 Hektar. Auf der bestehenden Fläche sind noch vier, fünf Hektar vorhanden. Es ist an der Zeit, weiterzudenken. Wir sind nicht weit von Luxemburg entfernt. Wenn wir Betriebe hier in der Stadtgemeinde St. Vith halten wollen, müssen wir das versuchen."
Nicht alle sind von dem großen Bedarf überzeugt. Für die Anwohner der Rodter Straße ist eine Erweiterung in dem geplanten Ausmaß inakzeptabel - nicht nur aus persönlichen Gründen. Gerd Gangolf und seine Frau Andrea Pip engagieren sich in einer Bürgerinitiative.
"Wir wohnen einige hundert Meter von der bestehenden Gewerbezone entfernt und haben im Rücken die Autobahn. Das Haus stand schon in den 40er Jahren. Erst kam die Autobahn in den 80er Jahren, dann die Gewerbezone, die man jetzt noch ausdehnen möchte. Irgendwann hat man genug", sagt Gerd Gangolf. Andrea Pip fügt hinzu: "Wenn man drüber schaut: Das ist wunderschönes Bio-Agrarland, das soll wegfallen. Mir tut das weh."
Wasser im Fokus
Sorgen machen sich die Bürger vor allem um das Wasser. Eine Versiegelung weiterer Flächen gefährde den Wasserhaushalt. Bereits in der bestehenden Industriezone seien dadurch Probleme entstanden. "Die Quellen sind damals scheinbar gefasst worden. Die Flächen darüber sind versiegelt worden. Nach Starkregen staut sich Wasser in den Feldern. Dann kommt der Traktor nicht mehr raus. Und wenn es lange nicht regnet, ist der Bach fast trocken", erklärt Andrea Pip.
Auch um die Trinkwasserversorgung und offene Fragen der Abwasserklärung bei der Ansiedelung weiterer Betriebe machen sich die Anwohner Sorgen. Ebenso wie über eine Zunahme des Verkehrs und die Attraktivität des ganzen Lebensraumes mit Feuchtwiesen und dem Natura 2000 Gebiet.
Die Stadt wolle Bedenken der Bürger ernst nehmen und habe auch schon Anregungen umgesetzt, erklärt Bürgermeister Herbert Grommes. "So haben Bürger auf das St. Vither Venn hingewiesen. Das ist ein gemeindeeigenes Gebiet, 21 Hektar. Die haben wir herausgenommen, und so konnten wir diesen Teil retten. Auch eine historische preußische Hecke soll erhalten bleiben." So wie einige schützenswerte Bäume.
Die Bürgerinitiative ist dankbar für das Entgegenkommen der Stadtverantwortlichen und gibt die Hoffnung nicht auf. "Wir haben wirklich Hoffnung, dass man merkt, dass es zu groß geplant ist und es andere Wege geben kann: dass man es konzentrierter, kompakter anpacken kann und gar keine Riesenfläche mehr braucht", so Andrea Pip.
Noch steht das Projekt ohnehin am Anfang. Erst einmal müssen Vorstudien über mögliche Auswirkungen auf Natur und Umwelt durchgeführt werden. Bis am Steinerberg überhaupt Bagger rollen können, werden also noch einige Jahre vergehen.
Michaela Brück