Auf die Machtergreifung folgten Krieg, Millionen Todesopfer und unzählige Gräueltaten an Juden und anderen Minderheiten.
Es ist still, wenn Claude Marx von früher erzählt. Knapp 40 Schüler des fünften, sechsten und siebten Sekundarschuljahres sitzen vor ihm. Sie hören gebannt zu. Claude Marx, Jahrgang 1934, war sechs Jahre alt, als er vor den Nationalsozialisten flüchten musste. Nachdem Nancy bombardiert worden war, flüchtete Marx gemeinsam mit seiner Familie nach Buzançais in Zentralfrankreich.
Buzançais ist auch der Ort, in dem Claude Marx sich später verstecken musste. Örtliche Gendarmen hatten seinen Vater gewarnt. 1943 war das. Wenige Stunden bevor sie der Gestapo bei Verhaftungen helfen sollten, warnten die beiden Gendarmen die jüdische Bevölkerung im Dorf.
Die Gendarmen gingen damit selber ein großes Risiko ein. Claude Marx’ Vater stieg direkt auf sein Fahrrad und warnte die anderen Juden im Dorf. Ab diesem Moment mussten er und seine Familie sich verstecken. Claude Marx und seine Eltern kamen an unterschiedlichen Orten unter. Damit sich, im schlimmsten Fall, zumindest ein Elternteil um den kleinen Claude kümmern konnte.
Erinnerungen wie diese hinterlassen Eindruck bei den Schülern, wie etwa Marie. "Vor allem auch, dass man auch weiß, was die alles durchmachen mussten. Die Ängste auch, wenn da zum Beispiel eine Bombe neben denen hochgeht. Das kann man sich heutzutage auch gar nicht vorstellen, wie so etwas ist."
Dass Claude Marx plötzlich den Judenstern tragen sollte, dass Familienmitglieder im Widerstand umkamen, dass er sich ohne richtige Verpflegung in einem Dachboden versteckte, wohl wissend, dass er von der Gestapo gesucht wurde – Claude Marx weiß, warum er das alles wieder und wieder erzählt. Weil er einer der wenigen noch verbleibenden Zeitzeugen ist. Und weil er die jungen Menschen warnen will. Die jungen Leute sollen wissen, was passiert ist.
Auch die Schülerin Alina ist davon beeindruckt. "Es ist eigentlich das erste Mal, dass man jemanden gesehen hat, der es wirklich erlebt hat und auch aus seiner Perspektive erzählt hat. Und da waren ja auch schon sehr viele Details dabei, die man so auch noch nie so gehört hatte."
Dass die Schüler nun davon hören, geht auf die Initiative der Mediothekarin Jana Scholtes zurück. Sie hatte das Treffen in die Wege geleitet. "Ich denke, das ist wichtig, damit die Kinder das nicht vergessen. Damit es trotzdem in Erinnerung bleibt. Es ist ja immer noch aktuell. Mit Rechtsextremismus oder wenn wir schauen, was in anderen Ländern passiert: beispielsweise mit den Uiguren in China. Oder der Ukraine-Krieg. Und ich denke, es ist wichtig, wie Herr Marx auch eben sagte, dass die Kinder drauf vorbereitet werden. Und dass sie dann auch aktiv gegen so etwas eintreten können."
Zum einen seien Jugendliche heute interessierter, findet Claude Marx. Andererseits beobachtet er auch mehr und mehr junge Menschen, die auf Falschnachrichten hereinfallen. Die Demokratie sei zerbrechlich, warnt Claude Marx. Handelt, wenn die Demokratie angegriffen wird. Und: seid niemals gleichgültig.
Andreas Lejeune
An die Jugend:
SEID NIEMALS GLEICHGÜLTIG GEGENÜBER AUTORITÄRER POLITIK !!!
nicht gestern, nicht heute, nicht morgen.
das gilt gegenüber ALLEN Weltanschauungen:
Ökologismus, Islam, Links- und Rechtsradikalismus.
Wenn ihr das heute nicht erkennt, dann seid ihr die Verfolgten von morgen.
Für die Schüler sicherlich ein gleichermaßen wichtiger wie einprägsamer Austausch.
Vorträge wie dieser sind das Unterpfand der mündigen Gesellschaft von morgen und der beste Garant gegen das Vergessen der Grausamkeiten des Gestern.
Als Absolvent des BIB freut es mich, dass sich die Schule auch unter neuer Direktion ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung bewusst ist.
Chapeau, weiter so! Ich wünsche allen Beteiligten nur das Beste.