Die Aktionstage der Politischen Bildung sind in Ostbelgien eher ein Aktionsmonat. Auf der Internetseite des Instituts für Demokratiepädagogik findet man das ganze Programm, das bis zum 21. Mai läuft. Mit dabei: Ausstellungen, Filmvorführungen, Fachtagungen, Ausflüge, Frühstücke, Grenzwanderungen und Diskussionsabende.
Viele Veranstaltungen würden auch ohne die Aktionstage ganz normal stattfinden. Für die Koordinatorin der Aktionstage, Dr. Tomke Lask, ist es aber wichtig, dass man die Angebote für ein interessiertes Publikum im Vorfeld bündelt und schmackhaft macht. "Es geht darum, sichtbar zu machen, dass es Menschen gibt, die sich für politische Bildung interessieren, die das auch auf ganz unterschiedliche Art und Weise machen und anbieten."
Es geht nicht um trockene Vortragsveranstaltungen, sondern im Grunde um die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen der Zivilgesellschaft auszutauschen - sei es bei einem fairen Frühstück oder nach einer Filmvorführung. "Ich finde, dass es wichtig ist, dass sich die Zivilgesellschaft bemerkbar macht. Denn das ist ein Zeichen an die ganze Bevölkerung. Ganz nach dem Motto: Wir liegen nicht hier in der Ecke, sind frustriert oder haben Angst, dass alles den falschen Weg geht. Wir reagieren darauf und wollen alle Leute mitnehmen."
Schirmherr der Aktionstage Politische Bildung in Ostbelgien ist Ministerpräsident Paasch - nicht zum ersten Mal, sondern schon seit Einführung der Aktionstage. Für ihn sei dies eine Herzensangelegenheit. "Die Demokratie lebt vom Engagement und dem Interesse der Menschen, von der Bereitschaft sich einzusetzen und politisch aktiv zu werden. Wenn ich mir aktuelle Umfragewerte in Belgien anschaue, dann bin ich besorgt, was die Zukunft der Demokratie angeht. Eine beachtliche Anzahl der Einwohner unseres Landes wünscht sich den sogenannten starken Mann und stellt die Grundwerte der Demokratie in Frage. Dagegen müssen wir vorgehen", so Paasch.
"Demokratie ist leider nicht gottgegeben. Das lehrt uns unsere eigene schmerzhafte Geschichte. Das zeigt uns aber auch der Rest der Welt. Die Mehrheit der Menschen lebt nicht in einer Demokratie. Wir haben das Privileg, uns selbst an politischen Prozessen beteiligen zu dürfen, unsere Meinungsfreiheit ausüben zu dürfen, Grund- und Menschenrechte wahrnehmen zu können. Das ist nicht überall auf der Welt so. Und wir müssen dafür sorgen, dass es bei uns so bleibt. Politische Bildung und Aktionstage können dazu beitragen."
Es sei wichtig, die Menschen für demokratische Prozesse zu begeistern. Es reiche nicht, ein wenig Staatsbürgerkunde zu unterrichten. Politische Bildung müsse man im weitesten Sinne verstehen. "Es geht vor allem auch darum, für die demokratischen Werte wie Toleranz, Meinungsfreiheit und Respekt dem anderen gegenüber zu werben. Dazu gehört auch politische Urteils- und Handlungsfähigkeit. Die Menschen müssen auch ein Interesse gewinnen, Kompromisse zu finden, die Gesellschaft zu verbinden, Brücken zu bauen, statt zu polarisieren und zu spalten. Das gehört mit zur politischen Bildung. Deswegen ist politische Bildung auch nicht einzig ein Auftrag für Schulen, sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema."
Manuel Zimmermann