Die Tagesstätte in Hergenrath hat sich zu einer Einrichtung entwickelt, die Menschen mit starken Beeinträchtigungen und Doppeldiagnose betreut. Diese Kriterien wurden maßgeblich bei der Planung berücksichtigt.
Ein Tag wie jeder andere in der Tagesstätte in Hergenrath: Im Altbau hängen wie immer die Tagespläne aus. Jeder weiß, was er zu tun hat.
Kreative Arbeiten
Da gibt es zum Beispiel die Zeitungsmacher. Gemeinsam gestalten sie die März-Ausgabe von "Mundwerk" mit Tipps zum Vogelhausbau. "Wir machen Textschreiben auf Computer", sagt Fabrice. Dabei ist die Motivation besonders groß: "Sehr gut, weil ich mich über mich freue."
In einer anderen kleinen Gruppe wird ebenfalls kreativ gearbeitet. Sandra gehört zu den 34 Menschen mit einer Beeinträchtigung, die hier tagsüber betreut werden. Ihr gefällt das Handwerkliche, aber noch lieber hat sie Musik.
Direkt nebenan werden im Backatelier Kuchen hergestellt, die später im Tierhof Alte Kirche zum Verkauf angeboten werden. Jochen ist dabei, einen Teig herzustellen, hat aber schon vorher einen anderen Kuchen gemacht.
Neue Bedürfnisse
25 Mitarbeiter, Betreuer und Arbeiter sind bei der Tagesstätte beschäftigt. Bislang arbeiten sie alle in den relativ großen Räumen des Altbaus. Seit Januar steht ihnen aber auch ein Anbau zur Verfügung, der nach einem völlig anderen Konzept entwickelt wurde. Hier ist alles sehr verwinkelt, "um dem Bedarf im Behindertenbereich gerecht zu werden, der sich im Laufe der Zeit stark entwickelt hat", erklärt Harald Hamacher, Direktor der Tagesstätte König Baudouin.
"Früher nahmen wir Personen auf, die heute zum Beispiel in die Förderabteilungen der Beschützenden Werkstätten gehen. Heutzutage haben wir viele Personen mit sehr starkem Pflegebedarf oder Personen mit Autismus oder mit Doppeldiagnose. Das heißt, Personen, die lichtdurchflutete Räume nicht als Priorität sehen, sondern kleine Räume, Entspannungsräume und eben auch Räume, die die Möglichkeit geben, in kleinen Gruppen zu arbeiten", so der Direktor.
Und genau diesen Kriterien entspricht der Neubau mit acht kleineren Räumen, Nassräumen, einem besonderen Pflegeraum und einem "Time-Out", wo sich die Menschen ähnlich wie in einem Snoezelraum entspannen und zurückziehen können.
Das entsprach auch den Wünschen der Nutznießer, die in den Planungsprozess mit eingebunden wurden: "Das ist die Entwicklung, die man in unserem Bereich fördert. Es ist die sogenannte Selbstbestimmung und es war wichtig, dass die Personen direkt bei der Initialplanung mit einbezogen wurden", erklärt Harald Hamacher. "Wir haben eine Gruppe Selbstbestimmung, wo die Kollegen die Meinung der Personen mit einholen, so gut es möglich ist. In dieser Gruppe sind eben auch der Anbau mit den Personen ausdiskutiert worden."
Mehr als eine Million Euro hat das von der DG bezuschusste Projekt für diesen Anbau gekostet. Alt- und Neubau zusammen dürften damit den Bedarf für die kommenden 15 bis 20 Jahre abdecken.
Chantal Delhez