Ins Rollen gekommen war die Affäre 2017. In einem Schreiben an die Eupener Staatsanwaltschaft beklagte der ehemalige Chefarzt Dr. Didier Frippiat Unregelmäßigkeiten in der Krankenhausfinanzierung. Ein Vorwurf, dem nachgegangen werden musste. Die Untersuchungen beziehen sich auf die Jahre 2015 bis 2016.
"Es geht um Unregelmäßigkeiten, die in der Notaufnahme, dem Notarztdienst und in der Anästhesie stattgefunden haben", erklärt Andrea Tilgenkamp, Staatsanwältin am Eupener Gericht. "Deutsche Assistenz-Ärzte sollen in der Anästhesie gearbeitet haben, aber die Leistungen wurden auf den Leiter der Anästhesie abgerechnet, so dass ein höheres Honorar berechnet wurde als das Honorar, das für einen Assistenz-Arzt fällig ist."
Zu keinem Zeitpunkt seien Patienten in Gefahr gewesen. Seit Jahren habe eine Zusammenarbeit der Eupener Anästhesie mit dem Rhein-Maas-Klinikum in Würselen bestanden. "Es sind fertig ausgebildete Ärzte, die ihren Facharzt machen und die ihre Assistenz-Zeit für eine kurze Zeit in Würselen unterbrochen haben, um mal in Belgien zu schnuppern und einen Teil ihrer Assistentenzeit hier durchzuführen."
Die Knackpunkte: Die deutschen Ärzte hätten sich bei der Ärztekammer in Belgien anmelden müssen. Und die Honorare hätten nicht über den Leiter der Anästhesie abgerechnet werden dürfen. Schließlich fallen Facharzthonorare höher aus, als die von Assistenzärzten.
"Die Praxis besteht schon seit 2008. Wir haben uns aus ermittlungstechnischen Gründen auf die beiden Jahre 2015 und 2016 beschränkt. Es war eine Win-Win-Situation", erklärt Tilgenkamp. "Die deutschen Ärzte konnten einen Teil ihres Praktikums hier machen und das Krankenhaus Eupen konnte dadurch über ausgebildete Fachärzte verfügen, die deutschsprachig waren."
Neben der Anästhesie betreffen die Vorwürfe auch die Notaufnahme: Auch dort sollen Leistungen unrechtmäßig auf den Leiter berechnet worden sein. "Fakt war aber, dass der Leiter der Notaufnahme nicht die erforderliche Mindestzeit in der Notaufnahme anwesend war und dass auf ihn auch berechnet wurde an Tagen, an denen er nicht anwesend war", so die Staatsanwältin.
Dritte Baustelle in der Akte ist der Notarztdienst: Auch hier kamen deutsche Ärzte ohne die erforderlichen belgischen Genehmigungen zum Einsatz. Und auch hier wurden die Leistungen auf den Leiter abgerechnet. Da stellt sich die Frage: Ging es dabei um persönliche Bereicherung oder nur darum, die Krankenhausdienste aufrecht zu halten? Schließlich ist der Fachkräftemangel ein alt bekanntes Problem. "Die Absicht war eigentlich, die bestmögliche medizinische Versorgung für den Bürger in Eupen zu gewährleisten", sagt Tilgenkamp. "Aber selbst dann gibt es Regeln, die einzuhalten sind."
Unterm Strich ist ein sechsstelliger finanzieller Schaden entstanden - zu Lasten der Krankenkassen, des Landesinstituts für Kranken- und Invaliditätsversicherung (Likiv) und auch der Patienten. Ein genauer Betrag kann nicht genannt werden, da bislang noch keine konkrete Berechnung vorgelegt wurde. Die Staatsanwaltschaft fordert für die Angeklagten drei bis sechs Monate Haft auf Bewährung. Auch soll es Geldstrafen von 12.000 bis 16.000 Euro geben.
Die Angeklagten plädieren auf Freispruch. Urteilsverkündung ist am 17. April.
Simonne Doepgen