Insgesamt hat sich dieses Menü aus historischen Kochbüchern inspiriert. Unsere weiteren Quellen sind das "Praktische Kochbuch" von Henriette Davidis-Holle aus dem Jahr 1906 und das "Illustrierte Kochbuch für die einfache und feine Küche" von Mary Hahn aus dem Jahr 1922. Wir wünschen viel Freude beim Nachkochen!
Vorspeise:
Klare Fleischbrühe mit EngelshaarHauptgang:
Rehpfeffer nach "De Lenze Grit"
mit Lütticher Kartoffel-Waffeln
Apfel-Birnen-Preiselbeer-Chutney
und geschmorten ChicoréeDessert:
Karamellisierte Ananas
mit Vanilleeis im Spekulatiusmantel & Mandelbögen
Was hat es mit "De Lenze Grit" auf sich?
Was verbinden wir mit Weihnachten? Hier hat wohl jeder seine ganz eigene Geschichte. Doch die meisten von uns werden sich wohl an das Essen zu Weihnachten erinnern: Da sind die Düfte von Zimt und Plätzchen, die uns in Erinnerungen schwelgen lassen. Da sind ganz typische Gerichte und die damit verbundenen Rituale, die es eben nur an Heiligabend gab. Da ist das Festmahl des ersten Weihnachtstages mitsamt den Anekdoten von Tanten, Omas und Opas, Cousinen und anderen Familienmitgliedern.
Das Eupener Staatsarchiv und das Zentrum für ostbelgische Geschichte wollten sich genau diese Traditionen rund um das Essen genauer ansehen. Bei einem "Collection Day" Anfang Oktober wurden kulinarische Dokumente aus vergangenen Zeiten gesucht. Alte Kochbücher, bewährte Familienrezepte, Speisekarten oder Lehrpläne aus Haushaltsschulen.
Besonders viele Dokumente kamen bei dem ersten Aufruf dieser Art nicht zusammen. Trotzdem hat sich die Initiative gelohnt, denn abgegeben wurde ein historisches Kochbuch, darin enthalten eines der beliebtesten Rezepte der Festtagsküche: der Rehpfeffer, gern gegessen seit Generationen in der Wildsaison und ein echter Klassiker - besonders zu Weihnachten.
Seit mehreren Generationen war das Kochbuch aus dem Jahr 1906 im Besitz der Eupener Familie Lenz. Es hat auch Margareta Lenz (1888 - 1961) zu ihrem berühmten Rehpfeffer inspiriert. Bis Ende der 1950er Jahre kochte sie ihren Rehpfeffer in ihrer kleinen Fritüre in der Eupener Paveestraße Nummer 28.
Ein "Geheimrezept" aus der Eupener Paveestraße
Das Basis-Rezept stammt aus einem der berühmtesten deutschen Kochbücher seiner Zeit: "Praktisches Kochbuch" von Henriette Davidis-Holle aus dem Jahr 1906. In Sütterlin geschrieben und ohne Mengenangaben ist es für Ungeübte schon eine Herausforderung, das Rezept nachzukochen. Zum Glück gibt es aber Elsa Lenz. Die rüstige Dame ist die Nichte der Köchin Margareta Lenz. Elsa übergab das alte Kochbuch nun dem Staatsarchiv.
Die heute 79-Jährige erinnert sich: "Die Leute kamen mit ihren Kesselchen von weit her. Sie kamen aus der Lütticher Gegend und auch aus dem Vervierser Raum, um den Rehpfeffer zu den Feiertagen abzuholen. Es war ein gutes Geschäft mit dem Rehpfeffer. Ich weiß das, weil ich selbst als junges Mädchen in der Fritüre bedient habe."
Der Rehpfeffer von "De Lenze Grit" war jahrelang überregional ein Erfolg. Er wurde an den wenigen Tischen vor Ort in der Fritüre verspeist oder eben in eigenen Töpfen mit nach Hause genommen. Und auch heute erinnert sich noch so mancher Eupener an die Fritüre. Darauf angesprochen, schwelgt die Eupener Metzgers-Gattin Manuela Klein in vergangenen Zeiten: "Ja, der Rehpfeffer muss sehr lecker gewesen sein. Das haben mir auch schon Kunden erzählt."
Süß-säuerlich und sämig
Das Original-Rezept war viele Jahrzehnte ein gut gehütetes Geheimnis der Familie Lenz. "Das Weitergeben von Rezepten war so ein Problem", erklärt Elsa Lenz. "Es durfte nicht verraten werden, damit niemand anders damit ein Geschäft machen konnte. Das Kochbuch war von Anfang an in unserer Familie." Ob es vielleicht Fotos aus dieser Zeit gibt? "Nein. Nur reiche Leute hatten Fotoapparate. So was haben wir nicht gemacht", rückt Elsa Lenz die "neumodischen" Erwartungen zurecht.
In alter Familientradition bewegt sich auch der Großneffe von Margareta Lenz: Roni Filz. Der Koch betreibt heute noch im Eupener Kaperberg ein Restaurant. Auch er kocht den Rehpfeffer nach dem Rezept von Margareta. Doch sein ganz eigenes Rezept "nach De Lenze Grit" bleibt streng geheim. "Da kommen noch Dinge rein, die werden nicht verraten", sagt Roni Filz. Der Koch lässt sich nicht in den Topf schauen!
Also halten wir uns an Elsa Lenz, die dafür gesorgt hat, dass die Geschichte von "De Lenze Grit" nun wieder lebendig geworden ist. Wir wollen natürlich wissen, wie er denn schmeckt, der berühmte Rehpfeffer? "Der Clou sind die Gürkchen. Er muss süß-säuerlich schmecken. Die Soße muss sämig sein und der Rehpfeffer muss am besten eine Nacht ruhen", sagt Elsa Lenz, die den Rehpfeffer während der gesamten Wildsaison heute noch selbst kocht.
Doch vor die Kamera wollte Elsa Lenz nicht. Das übernimmt ihr Neffe Bernd Lenz. Der 52-Jährige ist Steinmetz und leidenschaftlicher Hobbykoch aus Eupen. "Die Freude am Kochen liegt bei uns in der Familie", sagt Elsa Lenz. "Ich freue mich, dass der Bernd das macht." Den Segen von Elsa Lenz haben wir also. Gutem Gelingen steht nichts mehr im Wege!
Nachwort von "BRF-Redaktionsköchin" Simonne Doepgen
Ich koche leidenschaftlich gerne. Diesen Sommer habe ich auch einen Abschluss als Restaurateurin einer Kochschule bei Lüttich erhalten. Der Aufruf des Staatsarchivs und des Zentrums für ostbelgische Geschichte war für mich die Gelegenheit, historische Rezepte einmal nachzukochen.
Der Einfachheit halber habe ich die Rezepte jedoch etwas an die heutige Zeit angepasst. Doch es ist interessant zu lesen, dass sich in der Grundküche kaum etwas verändert hat. Fest steht allerdings, dass die Menschen damals mehr Zeit in der Küche verbrachten als wir heute! Die Kochbücher sind echte Lesebücher und geben auch ganz praktische Tipps, zum Beispiel zum richtigen Kochgeschirr. Das ist ja auch heute noch sehr wichtig, um gute Resultate zu erzielen!
Ich danke besonders Els Herrebout vom Eupener Staatsarchiv für ihre tatkräftige Unterstützung. Sie und ihr Team haben Archive durchsucht und sie sind fündig geworden! Mein Dank richtet sich auch an Catherine Weisshaupt vom Eupener Stadtmuseum. Auch dort wurde nach alten Fotos und anderen Zeugnissen erfolgreich gesucht. Mein Dank geht auch an die Familie rund um Elsa Lenz, die uns das historische Rehpfeffer-Rezept zur Verfügung stellt, und an Bernd Lenz, den Großneffen von Margareta, der den Rehpfeffer mit mir kocht. Wir alle wünschen gutes Gelingen und frohe Festtage!
Simonne Doepgen
Hmm... Da hätte man gerne Vorkoster gespielt.
Ein Detail: Das Buch von 1906 ist nicht "in Sütterlin geschrieben", sondern "in Fraktur gedruckt" ("Sütterlin" ist eine 1911 entwickelte Schreibschrift, eine Variante der deutschen Kurrentschrift).
Hallo,
wir besitzen auch noch ein altes handgeschriebenes Kochbuch.
Es ist in deutscher Sprache verfasst. (Sütterlin??)
Kann da jemand beim transkribieren helfen?
Vielen Dank.