Drei volle Kinderstationen in Brüssel, kleine Patienten, die aus Brüssel nach Antwerpen gebracht werden. Auch in Deutschland trifft die Bronchiolitis-Epidemie die Kapazitäten der Kinderstationen. "Bei einer Bronchiolitis handelt es sich um einen Atemwegsinfekt. Meistens wird der vom RS-Virus ausgelöst", erklärt Kinderärztin Dr. Natascha Cortisse vom Eupener St.-Nikolaus-Hospital.
Das Virus löst bei älteren Kindern und Erwachsenen lediglich Erkältungssymptome und manchmal Fieber aus. Bei kleineren Kindern unter zwei und vor allem unter einem Jahr kann es allerdings die Bronchiolitis auslösen. "Die Kleinkinder, vor allem die Säuglinge, fangen dabei nicht direkt mit einer Bronchiolitis an. Es handelt sich am Anfang eher um Erkältungssymptome wie Schnupfen, Niesen, trockener Husten und Fieber. Bei den Kleinen geht das Virus allerdings in den meisten Fällen auf die kleinen Bronchien, die Bronchiolen und provoziert dort eine Schleimansammlung und eventuell auch eine Spastik, die dazu führen, dass das Kind eine Atemschwierigkeit entwickelt."
Nach ein bis drei Tagen Erkältungssymptomen kommt es meist zu einer Verschlimmerung. Dann treten Atemschwierigkeiten auf. Das Kind atmet dann schneller, entwickelt eine Bauchatmung und verweigert eventuell vor Erschöpfung die Nahrung. "Diese Verschlimmerungsphase, wo das Virus auf die Bronchiolen runtergeht, dauert in der Regel drei bis vier Tage und lässt sich auch nicht verhindern."
Deswegen sollte man mit kleinen Kindern zum Arzt gehen. Der kann dann einschätzen, ob das Kind ins Krankenhaus muss. Nach der Verschlimmerung folgt eine Stabilisierungsphase. "Den Kindern kann man in dieser Phase eventuell mit Kinesitherapie helfen. Die Kinesitherapeuten können dann den Schleim abklopfen und so dem Kind das Husten erleichtern. Gleichzeitig haben die dann auch einen Blick auf das Kind und können die herausfiltern, bei denen sich die Situation etwas verschlimmert hat und die wieder zum Arzt sollten."
Zusätzlich kann auch Inhalationstherapie helfen, wenn die Spastik auf den Bronchien groß ist. Das Wichtigste bleibt, die Atemwege so gut wie möglich freizuhalten, die Nase auszuspülen und das Essen zu portionieren. Das heißt kleinere Mengen, häufiger am Tag.
"Ins Krankenhaus kommen vor allem die Kleineren unter drei Monaten, Kinder mit Herzerkrankungen, Kinder mit schweren Atemwegsinfekten im Vorfeld, Asthma-Kinder, die Babys, die Nahrung verweigern und die, die Atemschwierigkeiten haben." Wenn Säuglinge anfangen zu husten und einen Schnupfen entwickeln, vor allem wenn sie fiebern oder die Flasche oder Brust verweigern, sollten ihre Eltern mit den Säuglingen zum Hausarzt gehen.
Die Situation auf der Eupener Kinderstation ist wie üblicherweise in dieser Jahreszeit etwas angespannter. Die Krankheitswelle zwischen Oktober und Februar gibt es jedes Jahr. Was dieses Jahr anders ist: Es gab eine erste RSV-Welle im Juli, die es vorher nie gab und die Sommerviren sind noch immer im Umlauf. Zusätzlich startet die Verbreitung des Influenza-Virus. Das, gekoppelt an die schwächeren Immunsysteme infolge der Corona-Pandemie, ergibt eine komplexe Situation, wie Dr. Latus erklärt. "Wir stoßen auch an unsere Grenzen. Wir haben die Stationen voll und müssen auch manchmal Kinder entlassen, die noch ein zwei Tage da sein könnten, um kränkere aufzunehmen."
Freitagmorgen waren 15 von 15 Betten belegt. Inzwischen sind aber auch drei Patienten wieder entlassen worden, so dass ein Patient aus Lüttich übernommen werden kann. Wichtig ist deswegen auch zu sagen: "Wir haben bislang noch keine Kinder ablehnen müssen. Die Situation ist soweit noch so stabil, dass wir jedes Kind haben betreuen können. Wir haben bislang auch noch kein Kind in ein anderes Krankenhaus verlegen müssen."
Die Krankenhäuser sind in engem Austausch und aktuell ist das Eupener Krankenhaus eines von denen, die den anderen aushelfen. Das Team auf der Station kennt das Phänomen in abgeschwächter Form aus der Vergangenheit und sieht optimistisch in die Zukunft.
Christoph Heeren