Es knirscht und knackt - jedoch nicht nur im Unterholz. Denn während der mehr als vierstündigen Exkursion gibt es Gesprächsbedarf. Das Forstamt hatte zur Waldbegehung eingeladen, um die aktuellen Zustände des Waldes aufzuzeigen und auch anzuprangern.
"Jedes Jahr kommen hier Forststudenten auf eine Exkursion. Ich sage ihnen immer, dass sie für eine solche Art der Waldbewirtschaftung kein Studium machen müssen. Das kann jeder", erklärt der Büllinger Forstamtsleiter Christophe Pankert. Vor ihm versammelt stehen Förster, Waldarbeiter, Mitarbeiter aus der Gemeindeverwaltung, aber auch - und das ist wohl am wichtigsten - Gemeinderatsmitglieder aus Büllingen und Amel. Die beiden Gemeinden bewirtschaften fast 5.600 Hektar Wald. Auf drei Vierteln der Fläche stehen Nadelhölzer, meist Fichten in Monokulturen. Die sind recht einfach zu bewirtschaften und generieren wichtige Einnahmen.
Doch nachhaltig ist das nicht, wie auch Georg Josef Wilhelm erklärt. Er arbeitet eigentlich im rheinland-pfälzischen Ministerium für Klimaschutz und nahm als externer Experte an der Exkursion teil. "Kahlschlagwirtschaft ist für den Standort sehr problematisch, weil es zu plötzlichen Freilagen kommt", erklärt er. "Was ich auch gesehen hab, ist, dass Flächen befahren wurden. Dann kommt es zu Bodenverdichtungen und die Bodenleistungsfähigkeit wird eingeschränkt."
Hinzu kommen Käferbefall und die Folgen des Klimawandels, so dass die Fichte in ihrer aktuellen Bewirtschaftungsform keine Zukunft mehr hat. Christophe Pankert ist sich sicher: Gehandelt werden muss jetzt. "Insofern war wichtig, auch darüber zu diskutieren, dass es Sinn macht, jetzt schon möglichst große Anstrengungen zu übernehmen, um den Wald jetzt auf diese negativen Entwicklungen vorzubereiten. Nicht noch Jahre warten, sondern jetzt diese Anstrengungen in Angriff nehmen."
Die Forstverwaltung fordert höhere Investitionen in den Wald. Im letzten Jahr investierten die beiden Gemeinden eine halbe Million in die Forstwirtschaft. Dem gegenüber stehen Einnahmen von 3,5 Millionen Euro. Und - das wurde während der Waldbegehung deutlich - genau um diese Einnahmen sorgen sich die Gemeindevertreter.
Doch nur die Wirtschaftlichkeit im Blick zu haben, ist falsch, so Georg Josef Wilhelm. "Im Wald gibt es keine Ökonomie ohne die Ökologie. Ökonomie und Ökologie gehen nirgends besser zusammen, als im Wald. Wenn Sie kurzfristig etwas sparen wollen, sich dafür den Standort ruinieren, haben sie ökonomisch auf lange Sicht überhaupt gar nichts gewonnen."
Nachhaltigkeit ist das Stichwort. Und genau das konnten die Förster den Gemeindevertretern zeigen. Denn auch Mischwälder waren Teil der Waldbegehung. Auch die erzielen wirtschaftliche Erträge, sind aber widerstandsfähiger, stabiler und weisen ein geringeres Risiko gegenüber möglichen Schäden auf, so dass auch die beiden Forstschöffen Reinhold Adams und Patrick Heyen sich einsichtig zeigten.
"Weiter einfach so wie es jetzt ist, wird es sicher nicht gehen. Wir sehen es jetzt in tieferliegenden Gegenden: Auf die Fichte alleine können wir nicht mehr setzen. Wir müssen mischen, ansonsten kriegen wir keine resilienten Wälder hin", so Adams. "Ich denke, das Ganze ist auch ein Prozess", sagt Heyen. "Das dauert eine gewisse Zeit, es muss auch ein Umdenken stattfinden. Dass das dauert, ist auch ganz normal."
Doch auch ein langwieriger Prozess muss irgendwann von irgendwem eingeleitet werden. Und selbst wenn die neue Forsteinrichtung für die nächsten 20 Jahre bald verhandelt wird, Veränderungen können schon heute stattfinden, wie Georg Josef Wilhelm erklärt: "Jeden Tag ein bisschen sorgsamer mit dem Wald umgehen. Bringt auf lange Sicht dann doch sehr viel, weil der Wald als Ökosystem sich dann sehr viel selber helfen kann".
Jetzt schon am Wald der Zukunft arbeiten, so der Tenor der Begehung. Die Verantwortung, die liegt - nicht erst seit jetzt - bei den Gemeinden.
Andreas Lejeune