Karsten, was kommt in den nächsten Tagen auf uns zu?
Wetterexperte Karsten Brandt: Im Vergleich zum Vorjahr geht es in die genau entgegengesetzte Richtung. Wir haben eine Situation mit extremer Dürre. Vor einem Jahr war der Boden nass und schon gesättigt. Dann kam das Unwettertief Bernd, das viel Regen mitbrachte. Es folgten die Flut- und Hochwasserkatastrophe. Jetzt haben wir das genaue Gegenteil. Der Boden in Ostbelgien ist staubtrocken und der Monat Juli ist so trocken wie noch nie. Wir haben es hier mit einer Rekorddürre zu tun. Die Trockenheit wird sich in den nächsten Tagen auch noch verstärken, weil noch Hitze kommt. Es bleibt trocken und es wird in den nächsten zehn Tagen voraussichtlich keinen Tropfen Wasser geben.
Viele Länder Südeuropas sind ebenfalls von starker Trockenheit betroffen. In Italien gibt es Regionen, in denen Wasser nur tagsüber zum Trinken und Kochen genutzt werden darf. Das Bewässern von Gärten ist teilweise verboten. Sind solche Zustände auch bei uns zu erwarten?
Karsten Brandt: Was das Trinkwasser angeht, sind keine Probleme zu erwarten. Für die allermeisten ostbelgischen Gemeinden dürfte das kein Problem darstellen. Auch generell in ganz Belgien dürfte das Trinkwasser nicht knapp werden. Dafür haben wir ja auch die Stauseen. Für alles andere wird es jedoch dramatisch. Durch die vielen Dürreperioden der letzten Jahre - vor allem seit 2018 - sind die obersten ein bis zwei Meter des Bodens relativ trocken. Ich mache mir große Sorgen um die Wiesen und Felder. Diese werden vertrocknen und es wird kein Gras nachwachsen. Das wird noch zu einem Problem für das Vieh. Ich mache mir auch große Sorgen um den Wald. Da werden wir auch in den nächsten Jahren enorme Waldschäden durch künftige Hitzesommer und Dürreperioden sehen. Die Fichte zum Beispiel kommt nun gewaltig unter Druck.
Wann hat es das letzte Mal eine solche Trockenheit gegeben?
Karsten Brandt: In Belgien war es das letzte Mal 1976 so trocken. Wenn man sich nun spezifisch Ostbelgien anschaut, dann wird deutlich, dass die Region von einer extremen Dürre betroffen ist. Es geht da in einen Bereich, den wir so noch nie erlebt haben. Für die Region wurde in der Vergangenheit noch nie eine solche Trockenheit gemessen. An dieser Stelle nochmal die Warnung vor Feld- und Waldbränden. Ebenfalls vorsichtig sein beim Grillen und nicht unüberlegt eine Zigarette wegschmeißen. Das kann ganz dramatisch ausgehen. Im Hohen Venn haben wir ja immer wieder größere Brände. Darüber hinaus werden die Temperaturen über das Wochenende nochmal stark ansteigen. Anfang nächster Woche kann es auch zu Temperaturen um 30 bis 35 Grad kommen. Da spüren wir jedenfalls die Auswirkungen des Klimawandels und müssen uns auch in den nächsten Jahren auf weitere Extremwettersituationen einstellen.
Werden diese Starkwetterereignisse in Zukunft öfter auftauchen?
Karsten Brandt: Das ist mittlerweile mit einem klaren "Ja" zu beantworten. Man braucht sich nur die weltweite Kette der Extremwetterereignisse anzuschauen. Auch ganz Europa ist um zwei bis vier Grad zu warm und ausgetrocknet. Das sind Dinge, die waren bis vor wenigen Jahren kaum denkbar. Das sind klare Anzeichen dafür, dass sich das Klima massiv verändert. Wir leben in Ostbelgien vom Holz. Wenn uns die Wälder wegbrechen, dann sind das erhebliche wirtschaftliche Schäden. Spätestens jetzt sollte jedem vernünftigen Politiker klar sein, dass nun der Punkt erreicht ist, an dem dringend gehandelt werden muss.
Dogan Malicki