Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo waren bei der Zeremonie anwesend. Maria Kolesnikowa ist im Gefängnis in Belarus, weil sie zu elf Jahren Haft verurteilt worden ist. Dennoch war sie präsent bei der Preisverleihung. Ihre Schwester Tatjana Chomitsch hat sie vertreten und während der Zeremonie ein Plakat hochgehalten: "Free Maria Kolesnikowa", um für die Freiheit ihrer Schwester zu demonstrieren.
Die drei gelten als die führenden politischen Aktivistinnen ihres Landes. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Karlspreises, dass eine Bewegung ausgezeichnet wurde, die sich gegen ein autoritäres Regime auflehnt.
Die drei Frauen seien herausragende Persönlichkeiten, die für das eintreten, was den Kern des europäischen Projektes ausmacht, nämlich Menschenrechte, Frieden und Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Solidarität, so hat das Karlspreis-Direktorium argumentiert.
Wie erwartet haben sich die politischen Botschaften bei der Verleihung auch auf die aktuelle Situation in der Ukraine bezogen. Bei der Messe im Aachener Dom betonte Bischof Dieser, Europa stehe nicht für Eroberungen und Sieg über andere, sondern für das Wohlwollen für andere.
Die Oberbürgermeisterin Keupen nannte diese Entscheidung des Direktoriums für die drei Frauen eine sehr mutige Entscheidung und ein Zeichen der Solidarität und Unterstützung.
Die Laudatio hielt die deutsche Außenministerin Baerbock. Es war eine sehr persönliche Ansprache an die drei Frauen. Baerbock sagte, es sei ihr eine große Ehre. Die drei seien die mutigsten Frauen Europas, sie seien für Millionen junge Frauen in ganz Europa Vorbild. Dafür gab es einen langanhaltenden Applaus.
Preis für demokratische Kräfte
Die Preisträgerinnen selbst haben auch das Wort ergriffen. Der Karlspreis sei nicht für sie, sagten sie, sondern für das belarussische Volk und für die demokratischen Kräfte in ihrem Land. Sehr bewegend waren ihre persönlichen Geschichten.
Alle drei waren zuvor einfache Bürgerinnen, die erst politisch aktiv wurden, nachdem ihre Familien und sie selbst Unrecht und Gewalt erfahren hatten: Swetlana Tichanowskaja, deren Ehemann in Haft sitzt und 17 Jahre im Gefängnis bleiben muss wegen politischer Opposition. Die Preisträgerin Maria Kolesnikowa sitzt selbst im Gefängnis und wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Und schließlich Veronika Zepkalo, eine ehemalige IT-Managerin, die wie Swetlana Tichanowskaja ins Exil gehen musste, um vor dem Diktator Lukaschenko zu fliehen.
Nach der Preisverleihung im Krönungssaal des Aachener Rathauses fand auf dem Katschhof zwischen Rathaus und Dom eine Friedenskundgebung statt. Die Menschen durften dort nochmal den Karlspreisträgerinnen zuhören.
Zum Abschluss sangen sie gemeinsam das Friedenslied "We Shall Overcome" und bildeten ein riesiges Peace-Zeichen auf dem Katschhof - auch ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine, der am Donnerstag bei allen Ansprachen allgegenwärtig war.
Michaela Brück