Michelle ist im zweiten Studienjahr Krankenpflege und stellt fest: Es war die richtige Entscheidung. Sie ist eine von 72 jungen Menschen, die Gesundheits- und Krankenpflegewissenschaften an der AHS studieren. Nach einem starken Rückgang steigen die Studentenzahlen wieder, erklärt Direktorin Cornelia Keutgen.
"Wir hatten einen Rückgang 18/19. Wir gehen davon aus, dass das darauf zurückzuführen ist, dass das Studium sich von drei auf vier Jahre verlängert hatte - und dadurch, dass das Studium bzw. die Ausbildung in den Nachbarländern bei drei Jahren geblieben ist, könnte das ein möglicher Grund sein. Zudem ist eine erhöhte physische, psychische und emotionale Belastung in diesem Beruf zu verzeichnen." Cornelia Keutgen ist froh, dass sich der Trend nach der Corona-Krise umgekehrt hat. Mit 26 Studienanfängern hat die Gesundheits- und Krankenpflege wieder einen starken Jahrgang.
In den Bildungswissenschaften, die zum Lehramt an Primarschulen und Kindergärten befähigen, ist der Aufwärtstrend schon länger festzustellen. Vor zehn Jahren waren es 77 - jetzt sind es 128 Einschreibungen. Für den neuen Studiengang Finanz- und Verwaltungswissenschaften gibt es in diesem Jahr 68 Einschreibungen, sodass die AHS insgesamt 268 Studierende zählt.
Optimistisch stimmen die Ergebnisse der Zufriedenheitsstudien, die die AHS unter Absolventen durchführt. Sie seien ebenso wie die Rückmeldungen der Arbeitgeber zur Qualität der Ausbildung positiv. Diese Qualität weiter zu steigern sei ein Ziel, so die Direktorin, neben der europäischen Anerkennung der Studiengänge.
Gleichzeitig wolle man flexibel und offen sein für neue Entwicklungen. "Ich denke auch, dass man einem Fachkräftemangel entgegenwirken kann, indem man mal Neues wagt. Ein Modell der Zukunft könnte auch sein, dass bestimmte Studiengänge in Stufen erfolgen könnten."
Eine weitere Chance könne sein, Studienwilligen mit Migrationshintergrund den Einstieg zu erleichtern. "Vielleicht, dass man vorher ein halbes Jahr lang Sprachkurse geben würde, dass sie mit der Sprache und mit der Kultur vertraut werden. Und dass man schaut, welche Kompetenzen sie vorher schon erworben haben und dass man diese Kompetenzen einfließen lässt in den Studiengang, dem sie hier folgen möchten."
Die Studienbedingungen zu erleichtern - dazu gehört auch, alleinerziehende Elternteile zu unterstützen durch Kinderkrippenplätze, die an die Unterrichtszeiten angepasst sind. Einige Studienaufnahmen seien daran gescheitert, dass die Anwärterinnen keine Kinderbetreuung gefunden hätten, so die Erfahrung der AHS.
Föderale Programme wie das Projekt 600 sind ein erster Schritt zu neuen Wegen. Sven hat die Chance genutzt und den Schritt zum Studium gewagt. "Ich habe acht Jahre im Krankenhaus gearbeitet", erzählt er. "Wenn man drei Jahre gearbeitet hat, kann man in das Projekt 600 einsteigen und man kriegt sein Gehalt weiter und hat auch die Sicherheit, dass man seinen Job wieder ausführen kann, wenn es nicht klappt, und da hab ich es riskiert" - und nicht bereut.
Sven ist im zweiten Studienjahr. Er ist der einzige Mann in seiner Klasse. Frauen sind in den Studiengängen Krankenpflege und Lehramt immer noch in der Überzahl - ein Aspekt, den es bei der Diskussion um Fachkräftemangel sicher auch zu berücksichtigen gilt.
Michaela Brück